Disney+: »Feud: Capote vs. The Swans«

»Feud: Capote Vs. The Swans« (Staffel 2, 2024). © Pari Ducovic/FX

© Pari Ducovic/FX

Die große Kränkung

Eine Serie, so die lange gültige Definition, erzählt eine Geschichte nicht nur von Folge zu Folge weiter, sondern auch von Staffel zu Staffel. Dass dies heutzutage keine Gewissheit mehr ist, verdanken wir nicht zuletzt Ryan Murphy, dem umtriebigsten aller Serienproduzenten. Seit der vor über 12 Jahren bei »American Horror Story« beschloss, mit jeder Staffel eine komplett neue Geschichte zu erzählen, ist plötzlich der Begriff Anthologie-Serie in aller Munde. Zwar setzen mit »Fargo« oder »True Detective« auch andere Produktionen darauf, jedes Mal Story, Personal und Setting auszutauschen, doch Murphy bleibt Vorreiter. Nun geht auch endlich »Feud« (2017) in eine nächste Runde.

In der ersten Staffel der Serie ging es noch um die Fehde zwischen Joan Crawford und Bette Davis, für die zweite war ursprünglich der Ehestreit zwischen Charles und Diana vorgesehen. Stattdessen richten Murphy und seine Mitstreiter ihren Fokus nun auf Truman Capote und dessen Konflikt mit einigen seiner vermeintlich besten Freundinnen.

Als seine Schwäne bezeichnete der Schriftsteller (Tom Hollander) die Damen der New Yorker High Society, die ihn in den 1960ern zu ihrem engsten Vertrauten machten. Babe Paley (Naomi Watts), Ehefrau des CBS-Gründers, Slim Keith (Diane Lane), ihres Zeichens Fashion-Ikone und Ex etwa von Howard Hawks, JFKs Schwägerin Lee Radziwill (Calista Flockhart) und die schon von Dalí und Diego Rivera gemalte C.Z. Guest (Chloë Sevigny) treffen ihn zu ausgiebigen Lunches und vor allem jeder Menge Drinks, weihen ihn in intimste Ehe- und andere Details ein und schmücken sich gern mit der Gesellschaft des scharfzüngigen Homosexuellen. Bis er im Magazin »Esquire« ein erstes Kapitel eines geplanten Romans veröffentlicht und darin kaum verschleiert die Geheimnisse der Reichen und Schönen ausplaudert.

Wie die Frauen ihn gekränkt aus ihrem Kreis verbannen, auf gesellschaftliche Ächtung als Rache sinnen und damit Capotes Schaffenskrise und Suchtproblem gleichermaßen befeuern, das ist nicht sonderlich viel Plot für acht, übrigens größtenteils von Gus Van Sant inszenierte Folgen. Dem Vergnügen an dieser in den Details ordentlich fiktionalisierten Geschichte tut das allerdings kaum Abbruch. Zumindest wenn man sich wie Ryan Murphy für unglückliche schwule Männer, glamourös-divenhafte Frauen und (pop-) kulturellen Klatsch und Tratsch interessiert.

»Feud: Capote vs. The Swans« besticht in erster Linie mit wunderbar geschliffenen Dialogen, die Capotes Tonfall treffen, in typischer Murphy-Manier allerdings auch wenig Raum für Nuancen lassen, sowie fantastischen Kostümen. Und natürlich einmal mehr mit einem erlesenen Ensemble toller Schauspielerinnen, darunter Jessica Lange, Demi Moore oder Molly Ringwald. Über allem thront allerdings Tom Hollander, der – siehe etwa »The White Lotus« – immer schon in schwulen Rollen zu überzeugen wusste, aber als Capote eine herzzerreißende Meisterleistung fernab der naheliegenden Karikatur abliefert.

OV-Trailer

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