arte-Mediathek: »Under a Blue Sun«
Wanderungen durch die Wüste Negev in Richtung des Weltkulturerbes Masada führen heute über den »Rambo-Weg«. So tauften Reiseführer die Strecke, weil 1987 in dieser Region Teile des Actionfilms »Rambo III« gedreht wurden.
Daniel Mann, ein israelischer Dokumentarfilmer mit Wohnsitz London, hat sich auf Rambos Spuren begeben. Im dritten Film der Reihe kämpft der Vietnam-Veteran an der Seite der afghanischen Mudschahedin gegen die sowjetischen Besatzer. Die Kriegsszenen wurden in Israel gedreht. Der Beduine Bashir war als Waffenexperte und Pyrotechniker an der Produktion beteiligt. Als Hauptprotagonist führt er Manns Team an die damaligen Schauplätze, andere Zeitzeugen liefern zusätzliche Informationen, vor allem über die Beiträge der israelischen Armee, die Waffen und Soldaten zur Verfügung stellte und eine Flugübung so arrangierte, dass sie von »Rambo«-Regisseur Peter MacDonald gefilmt werden konnte.
Eins aber machten die Militärchefs zur Bedingung: Die Landschaft sollte nicht identifiziert werden können. Dabei hatte man sich gerade des prächtigen Panoramas wegen in die Wüste begeben. Ein Crewmitglied wusste Rat: Ein Blaufilter vor dem Objektiv schluckt die in diesen Breiten vorherrschenden Rot- und Brauntöne und bewirkt die gewünschte Verfremdung. Also focht John Rambo unter einer blauen Sonne.
Für Daniel Mann ist die Filmarchäologie ein Anlass, auf das Schicksal der Beduinen aufmerksam zu machen. Die Regionen, wo Hollywood fröhlich höllische Explosionen in Szene setzte – Computereffekte gab es noch nicht –, gehörten ursprünglich einheimischen Stämmen. Die wurden im Zuge der israelischen Staatsgründung vertrieben. Einige konnten auf gerichtlichem Wege ihr Land zurückerlangen, andere leben verarmt in nicht genehmigten Siedlungen, die von den Behörden per Bulldozer beseitigt werden. Sabrin Abu Kaf vom Forum Koexistenz hält betroffene Frauen an, die Vorfälle mit der Kamera zu dokumentieren. Mit der Kamera als Waffe hätten die Frauen an Selbstbewusstsein gewonnen. Leider nur eine Randnotiz, so wie Bashirs beiläufiger Hinweis, dass die Einheimischen von der »Rambo«-Produktion kärglich bezahlt wurden.
Laut Arte sammelte Bashir, der während der Dreharbeiten zu »Rambo III« verbotenerweise fotografierte, »Filmaufnahmen, um eines Tages vor dem Internationalen Gerichtshof die ›legitime Anerkennung‹ des Territoriums erwirken zu können (…).« In der vorab zur Verfügung gestellten Filmfassung ist davon nicht die Rede. Zwar zeigt Bashir stolz seine vielen Kästen mit entwickelten Super-8-Filmen, hat aber nicht mehr parat, was darauf festgehalten wurde.
»Under a Blue Sun« gleicht eher einer Collage als einem Dokumentarfilm mit konventioneller Dramaturgie. Sehenswert ist er trotzdem, auch weil er Assoziationen und Gedanken wachruft. Afghanistan 1987 und heute, Gaza, Ukraine. All das enthält dieser Film, obschon nicht jedes Stichwort ausgesprochen wird.
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