ZDF-Mediathek: »Hullraisers«
© ZDF/Amy Brammall
»Hull is dull«, pflegten in den 80ern Studierende zu antworten, denen ein Austauschsemester im britischen Hull angeboten wurde. Selbst wenn dem noch so sein sollte – die Einheimische Toni wäre froh, endlich einmal wieder an Hulls Nachtleben teilhaben zu dürfen. Seit Tochter Grace geboren wurde, ist sie nicht mehr durch die Gemeinde gezogen. Infamerweise führt ihr Freundin und Schwägerin Rana die Freuden und Leiden nächtlicher Exzesse immer wieder vor Augen, wankt morgens heim, wenn Toni die vierjährige Grace in die Vorschule bringt, schwärmt von ihren Liebhabern. Toni beneidet die nachtaktive Rana sogar noch, wenn die verkatert über der WC-Schüssel hängt. Desgleichen um deren reges Sexualleben, denn jedes Mal, wenn Toni intime Momente mit ihrem Mann Craig verbringen möchte, steht verlässlich eine quengelnde Grace in der Tür.
Tonis Schwester Paula und deren Mann Dane, ebenfalls in der Nachbarschaft ansässig, blicken hingegen argwöhnisch auf die sexuelle Reife ihrer Tochter Ashley. Die hat gerade ihren ersten Freund zu Gast. Dane hängt kurzerhand die Tür zu ihrem Zimmer aus, um die beiden im Blick zu behalten. Was Ashley mit hysterischen Anfällen beantwortet.
»Dull«, also langweilig, wird es im Leben dieser drei Freundinnen nie. Manchmal sind sogar die Qualitäten einer Geheimagentin gefordert, wenn Toni im Wettlauf mit der Zeit eine Designerjacke reinigen lassen und die im Krankenhaus sich erholende Paula mit aufenthaltsverlängernden Mitteln versorgen muss, während sie eigentlich bei einem Vorsprechen sein sollte, weil sie ihre unterbrochene Karriere als Schauspielerin wieder aufnehmen möchte. In solchen Momenten ist die Polizistin Rana eine große Hilfe, die mit ihrem souveränen Fahrstil den Piloten von »The Fast and the Furious« ein flottes Rennen liefern könnte.
Die britische Sitcom »Hullraisers« folgt dem israelischem Format »Little Mum«. Adaptiert wurde es von der Schauspielerin, Komikerin, Autorin Lucy Beaumont, die aus Hull stammt und diese Herkunft in ihre Bühnenprogramme und nun auch in die Serie »Hullraisers« einfließen lässt. Das Konzept von »Little Mum« funktioniert global, das Format wurde in viele Länder verkauft. Lucy Beaumont und ihre Koautorinnen reichern es mit viel Lokalkolorit an; die Hauptdarstellerin Leah Brotherhead stammt ebenfalls aus Hull. Bei aller Regionalität – gedreht wurde an Originalschauplätzen in Hull und in Leeds – bleiben die teils autobiografischen Inhalte und die im Milieu der unteren Einkommensklassen wurzelnde Situationskomik über alle Grenzen hinweg verständlich. Authentizität, der folkloristische Humor, der – hier buchstäbliche – Mutterwitz heben die Serie ab von jenen Oberschichten-Sitcoms, die Prestige- und Statusdenken und damit eine konsumistische Haltung befördern.
Das israelische Vorbild »Little Mum« umfasst vier Staffeln. Auch »Hullraisers« wird fortgesetzt, das Leben der Protagonistinnen forterzählt. Neue Figuren treten hinzu, eine Geburt ereignet sich – das Leben kennt keine Sendepause.
OV-Trailer
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