Sky: »The Idol«
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Abel Tesfaye, besser bekannt als The Weeknd, gehört seit zehn Jahren zu den erfolgreichsten Popstars der Welt, mit allem, was dazugehört, von Grammy Awards über Promi-Liebeleien bis hin zu eigenen Modekollektionen. Nun schlägt der Kanadier ein neues Kapitel auf und versucht sich auch als Serienschöpfer. Auf den ersten Blick keine schlechte Idee, erzählt The Idol doch aus dem Leben eines Popstars, womit sich Tesfaye bekanntlich auskennt. Doch weil die Geschichte in erster Linie davon handelt, wie die Musikbranche mit jungen Frauen umgeht, und er diesbezüglich offenbar keine autobiografische Expertise mitbringen kann, gerät das Projekt ziemlich schnell in Schieflage.
Im Zentrum der Serie steht Jocelyn (Lily-Rose Depp), als Teeniestar berühmt geworden und später als Sexsymbol gefeiert. Eine Laufbahn nicht unähnlich der von Britney Spears, wie es in The Idol eine Figur ausbuchstabiert. Inklusive natürlich der Tiefpunkte. Von denen sind bei Einsatz der Handlung die schlimmsten – Beziehungsende, Krebstod der Mutter, Nervenzusammenbruch, vorzeitiges Tourende – halbwegs verkraftet. So hofft es zumindest Jocelyns vielköpfiges Team, denn das Comeback mit neuer Single, Video und großer Geschichte in der »Vanity Fair« steht unmittelbar bevor und wird auch durch ein viral gehendes Sexfoto nicht aus der Spur gebracht. Doch dann lernt die nach Halt und Selbstbestimmung suchende Sängerin den Sektenguru-artigen Nachtclubbesitzer Tedros (gespielt von Tesfaye selbst) kennen, der sich mit Nachdruck nicht nur in ihr Privatleben drängt.
Was die thematische Ausrichtung angeht, schlagen zwei Herzen in der Brust von The Idol. Eigentlich könnte die Serie eine bitterböse Satire aufs Showgeschäft sein, die die misogyn-ausbeuterischen Strukturen dieses Metiers bloßlegt. In den besten Momenten ist dieser Ansatz noch erkennbar: dann umschwärmt ein hochkarätiges Ensemble (u. a. Hank Azaria, Jane Adams, Rachel Sennott, Eli Roth oder Da'Vine Joy Randolph) den Star als Armada aus Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, vom Management bis zur als Freundin dienenden Assistentin, die alle Besorgnis und Mitgefühl nach außen tragen, aber vor allem an ihren nächsten Gehaltsscheck denken.
Eine solche Geschichte hatte wohl Amy Seimetz im Sinn, die als Regisseurin bereits 80 Prozent der Serie abgedreht hatte, als Tesfaye und sein Mitstreiter Sam Levinson (»Euphoria«) sie feuerten. Zu weiblich sei ihre Perspektive gewesen, heißt es, weswegen die beiden die Tedros-Figur weiter ausbauten und den objektifizierend-männlichen Blick auf ihre freizügig vermarktete Protagonistin statt zu entlarven lieber perpetuierten. Mit einem Auge auf »Basic Instinct« schielend, werden also Nippel und Eiswürfel, Augenbinden und Strangulierungsfantasien in Szene gesetzt, was nicht nur im Angesicht von Tesfayes überschaubarem Schauspieltalent peinlich wirkt. Schlimmer noch: Zumindest in den ersten beiden (von fünf ) vorab gezeigten Episoden passiert so wenig, dass sich Langeweile sofort breitmacht, sobald Jocelyns Team nicht zu sehen ist.
OV-Trailer
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