ARD-Mediathek: »Parlament« Staffel 3
»Parlament« (Staffel 3, 2023). © WDR/Cinétévé/Studio Hamburg Serienwerft
So entstehen Serienideen: Noé Debré hatte vom Straßburger Elternhaus aus das Europaparlament im Blick – Inspiration zu einer TV-Serie mit dem knappen Titel »Parlament«. Die verdient schon deshalb Hochachtung, weil sich Debré und sein Stab zunächst mit den verwickelten Abläufen innerhalb der europäischen Institutionen vertraut machen mussten, mit den Be- und Empfindlichkeiten einzelner Fraktionen, Länder und Regionen. Hilfreich dabei war, dass mit dem Franzosen Maxime Calligaro und dem Belgier Pierre Dorac zwei EU-Mitarbeiter zum Team gehörten.
»Parlament« steht in der Tradition der satirischen Politserien. Debré kreuzt den Pseudodokumentarismus von Robert Altmans »Tanner '88« mit ausgefalleneren Elementen im Stil der britischen Sitcom »Yes Minister«. Vermöge eines bewährten Musters führte Debré die Zuschauerschaft an die komplexen Verhältnisse der EU-Politik heran und schickte eingangs mit Samy Kantor einen idealistischen Neuling in den Parlaments- und Behördendschungel. Der hat erst einmal Mühe, überhaupt seinen Arbeitsplatz zu finden, das Büro des Abgeordneten Michel Specklin, der alles daransetzt, die mit seinem Mandat verbundenen Aufgaben zu vermeiden.
Der unerfahrene Kantor muss den Chef vertreten, sucht Hilfe bei den Kolleginnen und Kollegen, die ihn, nur scheinbar hilfsbereit, gehörig in die Irre führen. Kantor wird getäuscht, instrumentalisiert. Einzig Eamon Geragthy, ein politisch neutraler Beamter, erweist sich als vertrauenswürdig. Ein stiller Schöngeist im Maßanzug, kennt er jede Fußangel, jeden Trick. Er wird Kantors Mentor.
Die erste Staffel setzte mit dem gerade erfolgten Brexit ein. Rose Pilkington, Assistentin einer britischen Abgeordneten, muss sich neu orientieren. Sie bleibt dem Ensemble erhalten und wird Kantors Lebensgefährtin. Eine Verbindung mit Konfliktpotenzial. Erst ist sie Lobbyistin, später Journalistin, steht also aus Kantors Warte auf der Gegenseite. In der zweiten Staffel wird der einfältige Michel Specklin zum Parlamentspräsidenten gewählt, ein Strohmann, hinter dessen Rücken der Deutsche Martin Kraft die Geschäfte führt. Kantor wechselt zur Europaabgeordneten Valentine Cantel, die sich mit einem ehrgeizigen Projekt einen Namen machen möchte.
In der dritten Staffel nun wird Samy Kantor von Cantels Team einmal böse hereingelegt, weiß sich aber inzwischen zu wehren. Dabei ist er gegen Hybris nicht gefeit und erlebt auch in dieser Staffel ein mentales Tief. Rose Pilkingtons Tätigkeit als Journalistin gibt Gelegenheit, die Arbeitsbedingungen des Metiers bissig zu kommentieren. Die freien Journalistinnen und Journalisten haben keinen festen Arbeitsplatz, sondern müssen auf dem Boden hocken, ringen um Steckdosen für ihre Ladegeräte und bekommen gerade mal 70 Euro für eine Nachricht. »Recherchen sind was für Leute, die sich länger als eine Woche mit einem Thema herumschlagen können«, erklärt eine erfahrene Kollegin. Leider wahr.
Mit Konrad Stracke kommt ein deutscher Zuchtmeister ins Spiel. Martin Brambach legt diesen Part nicht anders an als seine Rollen in den Krimireihen »Unter anderen Umständen« und »Tatort«. Das wird kenntlich, weil mit Karin Hanczewski auch seine Partnerin aus den MDR-Tatort-Folgen zum Ensemble stieß. Brambach gibt den Buffo, aufgesetzt, gekünstelt neurotisch. Unpassend in einem Umfeld, in dem die Bonmots angenehm beiläufig serviert werden.
Die in der ARD-Mediathek verfügbare untertitelte Originalfassung der Serie entspricht der Mehrsprachigkeit des Europäischen Parlaments. In den synchronisierten Folgen wirkt es albern, wenn die Abgeordneten zu den Kopfhörern der Simultanübersetzung greifen, da doch alle dieselbe Sprache sprechen. Bei den Episodentiteln wurden einige Anspielungen ausgemerzt. Folge 7 der ersten Staffel ist mit »Wild West Wing« überschrieben. In Deutschland heißt sie »The American Way«.
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Kommentare
Parlament Staffel 3
Auch wenn die Kritik hier nicht euphorisch ist, ICH freue mich auf die neuen Folgen....
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