Amazon: »The Consultant«
© Andrew Casey/Prime Video
Für eine Handvoll Schüler, allesamt Computerspiel-Nerds, geht ein Traum in Erfüllung. Eine Tour durch CompWare, wo die populärsten Handygames der letzten Jahre entstanden sind. Als Höhepunkt: eine Audienz beim Mastermind, Sang Woo, der mit 13 sein erstes Spiel entwickelt hat und seitdem hundert weitere, eins erfolgreicher als das andere. Nur die Kids dürfen ins Allerheiligste, das Büro des Bosses, selbst seine engste Mitarbeiterin Elaine (Brittany O'Grady) bleibt vor der Tür. Kurz darauf fallen hinter verschlossener Tür Schüsse, einer der Jungen hat den Game-Guru hingerichtet.
Die neue Amazon-Serie »The Consultant« greift so gleich zu Beginn die nie endende Debatte um den negativen Einfluss von Ego-Shootern auf, für die Schlagzeile einer Website nach dem Mord keine Frage: »Der Teufel hat ihn dazu gebracht«. Craig (Nat Wolff ), Entwickler bei CompWare und unmittelbarer Zeuge der Tat, bekommt nachts kein Auge zu und geht joggen, in der Firmenzentrale bemerkt er Licht und trifft auf Elaine, die gerade all die versteckten Kameras ausbaut, die der Boss installiert hatte, aus Paranoia. Während man sich wundert, wohin das alles führen soll, steht plötzlich eine dunkle Gestalt im Eingangsbereich und stellt sich den beiden verdutzten Mitarbeitern als Regus Patoff (Christoph Waltz) vor, Consultant und von Sang Woo noch zu Lebzeiten beauftragt, ihn in allen Belangen zu beraten. Sogleich nimmt er dessen Büro in Beschlag und beraumt eine Vollversammlung für den Morgen, 9 Uhr. Dort richtet er, im makellosen Anzug, aber barfuß, von hoch oben das Wort an die Belegschaft und beginnt sein Schreckensregiment gnadenloser Optimierungsprozesse. Was anfangs wie ein ärgerlicher Eindringling wirkt, fordert bald harte Einschnitte und Opfer, auch ganz manifeste. Mitarbeiter geraten in Unfälle, es gibt einen ersten Suizid. Und das Team folgt ihm wie eine ohnmächtige Schafherde.
»The Consultant« stammt aus der Feder von Tony Basgallop, der auch die Horrorserie »Servant« auf Apple TV+ schrieb. Vorlage ist der 2019 erschienene Thriller »Der Berater« von Bentley Little. Littles zahlreichen Bücher folgen meist derselben Formel: ein alltäglicher Ort, in den eine fremde Macht eindringt, oft hinter einer Fassade der Normalität, und nicht ruht, bis sie alles unter Kontrolle hat. Davon weicht auch die Workplace-Horrorfarce im trashigen Hochglanzlook kaum ab, akzentuiert aber dabei die satirischen Anspielungen auf Turbokapitalismus, IT-Branche und den Schrecken von Unternehmensberatern, die wie eine übernatürliche Macht erscheinen.
Christoph Waltz macht als titelgebender Bösewicht das, was er schon in seinen Oscar-prämierten Tarantino-Rollen perfektionierte: Er spielt einen sardonischen Typen, der mit Worten wie mit einer Waffe umgeht, dabei immer ein bisschen zu viel aufträgt, was aber gut in den Kontext und Tonfall der Serie passt. Unweigerlich muss man an Elon Musk denken und wie er sich Twitter zuerst einverleibt und dann ins Chaos stürzt. Die Frage ist: purer Freude an der Zerstörung oder steckt ein teuflischer Plan dahinter?
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