ZDF-Mediathek: »The Tourist«
»The Tourist« (Serie, 2022). © ZDF / Ian Routledge
Bei den Namen Harry und Jack Williams merken Serienkundler auf. Mit den Brüdern verbinden sich Titel wie »Retribution«, »The Missing«, die rückwärts erzählte Serie »Rellik«, »Liar«. Als Produzenten stecken sie hinter »Fleabag« und »Back to Life«. Das ist nicht alles, reicht aber bereits für den Olymp der Fortsetzungserzähler.
Und die Einfälle gehen ihnen nicht aus. In der ZDF-Koproduktion »The Tourist – Duell im Outback« schicken sie Jamie Dornan, unvergessen als hochintelligenter Lustmörder aus »The Fall« (und »Fifty Shades of Grey«), als Mann ohne Namen in die Wüste.
Es staubt gewaltig im australischen Hinterland. Die schnurgerade Straße verliert sich am Horizont. Ein PKW wird aufgetankt, schnurrt weiter durch die sonnenverbrannte Einsamkeit. Ein von hinten aufholender Sattelzug nervt durch ständiges Tröten. Der irritierte Pkw-Fahrer weicht, doch der Lkw setzt ihm nach, sogar noch, als es geradewegs in die Wüste geht. Hier gelingt es, den drängenden Verfolger abzuhängen. Dachte der Flüchtige jedenfalls. Doch abermals kommt der Brummi wie aus dem Nichts und wischt den Pkw von der Fahrbahn. Als er im Kleinstadthospital erwacht, ist alles vergessen. Er weiß seinen Namen nicht, hat weder Papiere noch Handy bei sich. Nur ein Zettel mit Uhrzeit und Treffpunkt ist ihm geblieben. Ein Café in der Nachbarstadt. Da muss er hin, eröffnet sich doch die Möglichkeit, etwas über sich zu erfahren. Weil die Toilette des Cafés defekt ist, muss er nach gegenüber. Er ist halb über die Straße, da fliegt das Lokal in die Luft.
Das lässt stutzen. Ein mörderischer Lkw-Fahrer, eine Explosion – wer mag da an Zufall glauben? Ein irrwitziger Reigen hebt an, jedes gelöste Rätsel gebiert ein neues. Die Gebrüder Williams machen – einmal sogar buchstäblich – ein Fass auf, stecken den isländischen Schwergewichtler Ólafur Darri Ólafsson in Cowboykluft und geben ihm freie Bahn. Ab der dritten Folge nähert sich das Geschehen dem Westerngenre, von der musikalischen Untermalung ausdrücklich unterstrichen. Es gibt aber auch einen Paten, mal kein Sizilianer, sondern Grieche und seinerseits für deftige Überraschungen gut.
So dicht und geschlossen wie die meisten früheren Williams-Serien ist »The Tourist« nicht, vielmehr übermütig, grell, auf Panoramabilder ausgelegt – und unvorhersehbar. Bisweilen wird dem Publikum ein wenig Nachsicht abverlangt. Der Mann ohne Namen wurde ohne Besitztümer aufgefunden, leistet sich aber ein Hotel, einen Hubschrauberflug … Nun ja.
Die Brüder nehmen sich dafür die Zeit, das Thema Schönheitsnormen aufzugreifen. Die liebenswerte Helen Chambers, Constable in Probezeit, ist ein wenig drall, fühlt sich unwohl deswegen und wird darin von ihrem garstigen Verlobten ständig bestärkt. Eigentlich hat der Namenlose genug zu tun, muss Killern und Polizisten trotzen und schafft es dennoch, Chambers ein wenig aufzubauen.
Wer jetzt an eine Wundertüte denkt, ist nicht unbedingt auf dem Holzweg. Die Spice Girls übrigens finden auch Erwähnung.
OV-Trailer
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