Mediathek: »Two Weeks to Live«
© ZDF/Nick Wall
Die junge Frau wächst in einer einsamen Waldhütte auf. Als sie alt genug ist, zieht sie hinaus, die Welt zu erkunden, vor allem aber, um Vergeltung zu üben. Die britische Autorin Gaby Hull griff diese Exposition auf, ging die Geschichte aber anders an als der Kollege Seth Lochhead 2011 für den Kinofilm »Wer ist Hanna?«. Hull tauschte die Geschlechterrollen. Lochheads Hanna wurde von einem Mann aufgezogen und von einer Frau gejagt. In dem Zusammenhang fiel das Wort Hexe. Anders Kim Noakes (gespielt von Maisie Williams, der Arya aus »Game of Thrones«) in »Two Weeks to Live«. Sie verbrachte ihre Jugend allein mit ihrer Mutter. Die sie nicht (nur) Nähen und Kochen lehrte.
Kim rollt mit einem Range Rover, der wie für eine Urwaldexpedition gerüstet ist, auf den Parkplatz eines Schnellrestaurants. Der Besitzer luchst der weltfremden Kundin eine Zehn-Pfund-Note nach der anderen ab. Was Kim aber wirklich in Rage bringt, ist der Umstand, dass der Rohling seine Ehefrau als »Schwein« beschimpft. Als die vom WC zurück in den Gastraum kommt, liegt ihr Gatte Carl mit blutiger Nase am Boden. Kim sitzt bereits wieder im Auto, die Gastwirtin trägt ihr noch ihr Schinken-Sandwich hinterher. Lässig winkt Kim ab. »Ich hatte schon genug Schwein für heute.« Demonstrative Souveränität, die aber gleich untergraben wird, indem Kim sich mit dem Brillenbügel ins Auge sticht.
Diese Dualität prägt die Serie. Kims Unerfahrenheit löst eine Kette von grotesken, tragikomischen Ereignissen aus. Sie lernt die Brüder Nicky und Jay kennen, die sich von ihrer Arglosigkeit zu einem gemeinen Streich hinreißen lassen. Kim wurde beigebracht, sich in einer postapokalyptischen Umgebung zu behaupten. Jay mogelt rasch ein Video zurecht, demzufolge nur zwei Wochen bis zum Weltuntergang bleiben.
Kim erliegt der Täuschung und zischt davon. Denn sie hat eine Liste angelegt mit Dingen, die sie erledigen möchte. Eine davon: den Mord an ihrem Vater rächen.
Das Geschehen nähert sich dem Rachethriller, ohne die komödiantische Note zu verlieren. Kim stellt Jimmy, und es kommt zu absurden Dialogen, an denen man Spaß haben kann, da Regisseur Al Campbell die vom Genre geforderte Gewalt sehr zurückhaltend inszeniert. Meist überspringt er einfach die Tat und blendet gleich hinüber zu deren Folgen. Die Raufereien aber werden zelebriert. Da wird dann Hauptdarstellerin Maisie Williams wieder zu Arya, der mörderischen Stark-Tochter aus »Game of Thrones«. Anspielungen auf die Rolle, die die bei Drehbeginn zwölfjährige Aktrice auf Anhieb zum Weltstar machte, bleiben nicht aus.
Heute ist Williams IT-Unternehmerin, Produzentin, natürlich weiterhin Schauspielerin, laut eigener Aussage vorzugsweise in Produktionen, die Geschichten aus weiblicher Warte erzählen. So wie »Two Weeks to Live«. Ein weiterer Besetzungscoup: Kims Mutter Tina Noakes wird gespielt von Sian Clifford, dem schwesterlichen Nervenbündel aus »Fleabag«. Hier bewusst ausdrucksarm. Aber wehrhaft. Ergo Vorsicht: Leg dich nicht mit Mutti an.
OV-Trailer
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