DVD-Tipp: »Krieg und Frieden« (1966)

Monumentaler geht nicht

Es birgt eine gewisse Ironie, mit welcher Lust das Sowjetkino 1965 in zaristischer Pracht schwelgt. Die Verfilmung von Tolstois russischer Nationaldichtung unter der Regie von Sergei Bondartschuk ist ein Werk der Superlative, stellte mit seinen sieben Jahren Produktions- und vier Jahren Drehzeit, Hunderten Schauspielern und 12 000 Statisten sowie einer Laufzeit von über sieben Stunden an Monumentalität auch international alle bisherigen Produktionen in den Schatten, selbstverständlich auch King Vidors Version von 1956, die ebenfalls nicht kleinlich war. Man sieht »Wojna i Mir« den Aufwand in jeder Minute an, von den opulenten Ballszenen bis hin zum großen Brand von Moskau macht der Film staunen. Besonders beeindruckend sind die Schlachtenszenen, gerade für an digitale Bildwelten gewöhnte heutige Augen überwältigend in ihrer analogen Monumentalität und Virtuosität. 

Die individuellen Geschichten der Protagonisten, von denen hier in der unruhigen Zeit der Jahre 1805 bis 1812 und Napoleons Russlandfeldzug erzählt wird, geraten in der Größe des Geschehens bisweilen aus den Augen. Dennoch gelingt es Bondartschuk in seiner sehr werkgetreuen Adaption, viele Zwischentöne von Tolstois Roman anklingen zu lassen, und immer wieder bringt er ungewöhnliche filmische Mittel zum Einsatz, die Kamera ist bewegt und bisweilen subjektiv. So taucht der Film ins Erleben seiner Figuren ein und wagt gelegentlich auch poetische Exkurse. Das sowjetische Prestigeprojekt zum 100. Jahrestag der Veröffentlichung von Tolstois Epos kam auch im Ausland prächtig an, gewann den Golden Globe und den Oscar als bester fremdsprachiger Film.

Vor wenigen Jahren wurde das Werk restauriert, jetzt liegt es in einer schlicht und einfach wundervollen Edition des Labels Bildstörung vor, in brillanter Bild- und Tonqualität und randvoll mit Extras. Im Booklet geht ein Essay der Literaturwissenschaftlerin Christine Engel detailliert auf Tolstois Epos und seine Bedeutung ein, mehrere Interviews und zeitgenössische Dokumentationen beleuchten die Entstehung des Films, und ein kurzes sowie ein abendfüllendes Porträt sind dem Regisseur Sergei Bondartschuk gewidmet. Eine angemessen opulente Edition für einen Meilenstein des Kinos.  


Wojna i Mir UdSSR 1966. R: Sergei Bondartschuk. D: Sergei Bondartschuk, Ljudmila Saweljewa, Wjatscheslaw Tichonow. L: 422 Min. A: Bildstörung.

Bestellmöglichkeit (DVD)

 

 

 

Teaser

Meinung zum Thema

Ihre Meinung ist gefragt, Schreiben Sie uns

Mit dieser Frage versuchen wir sicherzustellen, dass kein Computer dieses Formular abschickt