Mediathek: »Furia«
»Furia« (Serie, 2021). © ZDF / Haakon F. Lundkvist
Am Anfang irritieren dokumentarische Bilder. Barack Obama, Angela Merkel, anlandende Flüchtlinge, Trump, der Sturm aufs Kapitol. Darunter die Stimme der rechtsradikalen Bloggerin Furia. Sie bellt keine platten Slogans, sondern assoziiert, philosophiert, räsoniert. Sie sondert ihr Gift in kleinen Dosen ab. Das macht ihresgleichen so gefährlich.
Hinter dem Decknamen verbirgt sich die Köchin Ragna. Asgeir wird sie kennenlernen. Er ist neu im Örtchen Vestvik und für den Posten eines Dorfpolizisten eindeutig überqualifiziert. Aber Asgeir schweigt über seine Vergangenheit, eine Personalakte gibt es nicht.
Nur die Zuschauerschaft erfährt, dass Asgeir an einer Geheimoperation gegen die russische Mafia beteiligt war. Die scheiterte; eine Anwältin, die Mutter von Asgeirs Tochter Michelle, fand den Tod. Der russische Pate entkam und macht seither Jagd auf Asgeir, der nun verkappt fernab in den norwegischen Bergen lebt. Immer auf der Hut, die Waffe ständig griffbereit.
Die folgenden Ereignisse machen es ihm zusehends schwerer, seine Anonymität zu wahren. In Vestvik kommt es zu einem Brandanschlag auf ein Flüchtlingsheim, dann auch noch zu einem Mord. Wichtigster Wirtschaftsfaktor im Städtchen ist ein Klettercamp mit eigener Outdoorkollektion. Asgeir findet heraus, dass die jovial-hemdsärmeligen Besitzer Ole und Björn heimlich eine Sektion der identitären Bewegung leiten. Dank des Internets sind sie weltweit vernetzt und planen »etwas Großes«.
Asgeir möchte unbedingt unauffällig bleiben, aber er kann die Attentatspläne nicht ignorieren. Eine verdeckte Ermittlerin gibt sich zu erkennen, gemeinsam machen sie sich daran, die Pläne der Extremisten zu vereiteln. Bald lassen sie Vestvik hinter sich, landen schließlich in Berlin mitten im deutschen Wahlkampf. Ein Ereignis im Maßstab des »11. September« soll die Menschen wachrütteln, so die wirre Logik der rechten Verschwörer.
Das Autorenteam unter Leitung des Ideengebers Gjermund Stenberg Eriksen nimmt immer wieder explizit Bezug zu Andreas Breiviks Terroramoklauf in 2011. Diese Täter aber verachten Breivik. Sie sind bestens organisiert und technisch hochgerüstet.
Manches mag wie Zukunftsmusik klingen, ist es aber nicht. »Furia« veranschaulicht, wie die öffentliche Meinung von ideologischen Rattenfängern vergiftet wird und Behörden genasführt werden. In der Folge kommt es zu abscheulichen Verbrechen. Hier unterscheidet sich die brandaktuelle Serie markant von schlichteren Modellen: Die Autoren nebst dem Regieteam Magnus Martens und Lars Kraume erzählen von Bluttaten, beuten sie aber nicht aus. Wenn ein Mädchen von einem rechtsradikalen Amokläufer erschossen wird, bleibt die Kamera außen vor. Wir werden mit ihrer Schwester Ohrenzeugen am Telefon. Wichtiger als spürbar gewollter Nervenkitzel sind dem Team Schmerz, Bitterkeit, auch Zorn der Hinterbliebenen. Auch diese Themen kann man in spannende Formen kleiden.
OmeU-Trailer
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