DVD-Tipp: »Prenzlauer Berginale«
»Einmal in der Woche schrein« (1982). © DEFA Stiftung
Eine ungewöhnliche DVD-Sammlung: Sie enthält neun kurze und zwei halblange Filme aus dem Ostberliner Kiez Prenzlauer Berg aus den Jahren 1965 bis 2004, neun davon in der DDR entstanden, zwei danach. Sie sind jetzt bei absolut Medien zugänglich.
Es beginnt ziemlich schräg mit »Einmal in der Woche schrein« von 1982. Jungen und Mädchen sitzen herum, spielen Fußball, laufen Rollschuh, tanzen, trinken Cola, kein Bier. Ältere Fußgänger kämpfen sich mühsam durch die Menge. Ordentlich machen die jungen Leute nach dem Fest sauber. Trotzdem war der Film in der DDR bis 1989 verboten.
Die Filme zeigen viel Alltag in Familie und Beruf, auch Probleme: Schon 1982 soll wegen der starken Luftverschmutzung ein Gaswerk geschlossen und abgerissen werden. 2004 gibt ein Ehepaar nach 20 Jahren ihre Textilreinigung auf.
Mein Lieblingsfilm ist »Tuba wa duo« (1989): Zwei Männer spielen auf Dächern Tuba, sie karikieren so schräg wie virtuos klassische Musik. Aus Fenstern wird mit Spielzeugpistolen auf sie geschossen, Häuser werden gesprengt. Einen besseren Abschiedsfilm hat sich die DDR nicht wünschen können, eine Art Silvester-Film.
Zwei Filme sind Käthe Kollwitz gewidmet, »Die Kollwitz und ihre Kinder«, DDR 1971, und »Kollwitz Skizzen«, Bundesrepublik 2018, beide gedreht von Christa Mühl. In beiden Filmen spielen Kinder mit und auf dem Denkmal der Bildhauerin. Die Kinder sagen: Wir spielen hier, weil es Spaß macht. 1971 schimpfen die Alten: Alles wird niedergetrampelt. 2018 sind die Erwachsenen weit aufgeschlossener, sie finden das Spielen ganz in Ordnung. »Die Kinder sind hier zu Hause. Ich habe als Kind selber hier gespielt«.
Die DVD-Serie ist noch aus anderen Gründen interessant. Man findet unter den Mitarbeitern der Kurzfilme Kameraleute wie Christian Lehmann und Thomas Plenert, die durch ihre Arbeit für Spielfilme bekannt wurden oder den Regisseur Thomas Heise. Die Kurzfilme der 60er und 70er Jahre waren auch eine Art Talentschmiede. Die Filmreihe »Prenzlauer Berginale« ist nicht zuletzt dank der Initiative des Geschichtsbüros Müller entstanden.
Prenzlauer Berginale R: Thomas Heise, Jörg Foth, Christa Mühl u.a.. Anbieter: absolut Medien.
Trailer
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