Streaming-Tipp: »Was wir wollten«
Ein Teddybär auf einem Kinderbett kann Welten erschüttern. »Ich hab ganz vergessen zu sagen, dass es auch ein Zentrum für Konfrontationstherapie ist«, sagt Niklas (Elyas M'Barek) lächelnd, als Alice (Lavinia Wilson) das Kuscheltier in der Ferienwohnung sieht. Seit Jahren versucht das Paar vergeblich, Kinder zu bekommen, auch auf allen möglichen anderen Wegen als dem »natürlichen«. »Keine Ausschabung dieses Mal«, sagt die Frauenärztin, als »Was wir wollten« gerade wenige Minuten alt ist. Die Ärztin rät nach vier erfolglosen künstlichen Befruchtungen per In-vitro-Fertilisationen zu einer Auszeit. Sardinien ist der Ort der Wahl, an den es das Paar in Ulrike Koflers Debütfilm verschlägt.
Die gebürtige Österreicherin arbeitete bisher zumeist als Cutterin, zuletzt für das Psychodrama »Der Boden unter den Füßen« von Marie Kreutzer, die nun wiederum an dem auf der Kurzgeschichte »Der Lauf der Dinge« von Peter Stamm basierenden Drehbuch mitgeschrieben hat. Was wir wollten geht außerdem mit den Vorschusslorbeeren des österreichischen Vorschlags für den Auslandsoscar an den Streamingstart.
Und sicher, der Film bringt zunächst einmal alles für ein arthousiges Charakterdrama mit: eine Kamera (Robert Oberrainer), die sich auf die Suche begibt nach Bildern für das Innere der emotional angegriffenen Figuren, und zwei Hauptdarsteller, die in ihre Rollen eintauchen. Wilson spielt die Frau mit verhärteter Miene, während M'Bareks Figur dazu neigt, vieles mit Humor zu überspielen. Es ist ungewohnt, ihn nach »Fack ju Göhte« als Charakterdarsteller mit George-Clooney-Gedächtnisschnauzer zu sehen, aber er macht sich gut. Passend ist auch der Soundtrack mit dem zart-melancholischen Titelsong »Stay« von Cat Power. In einem Moment poetischer Losgelöstheit umarmt Powers Piano die Bilder einer assoziativen Montage aus einem zurückliegenden Liebesurlaub auf eben jener Mittelmeerinsel.
Dass sich Kofler neben solchen kleinen poetischen Ausflügen darauf konzentriert, nicht weich zu zeichnen, ist die eigentlich richtige Entscheidung. Ein unerfüllter Kinderwunsch ist unfassbar belastend, und das soll gezeigt werden. Nur leider wirkt die filmische Konfrontationstherapie oft plump, wenn die inszenatorische Finesse auf ärgerliche Eindeutigkeiten trifft. Kofler neigt dazu, auszuerzählen, wo Bilder mehr gesagt hätten.
Die Tiroler Familie aus der Nachbarwohnung mit zwei Kindern ist eine arg holzschnittartige Projektionsfläche. »Beim David war ich grad 17, das war ein Unfall«, sagt die Mutter mit Hang zur Astronomie, während der gemeinte Sohn am Tisch sitzt. Der schweigsame Halbstarke ist die eigentlich interessanteste Figur in dem Ensemble, und das, eben weil ihm nicht alle Geheimnisse genommen werden. Schade, dass das Drehbuch seinen Figuren und den Bildern nicht mehr zutraut.
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