Streaming-Tipp: »Baptiste«
Tchéky Karyo als Julien Baptiste. © Starz/Two Brothers Pictures
Wenn Julien Baptiste (Tchéky Karyo), Ermittler im Ruhestand, in der ersten Folge der seinen Nachnamen tragenden Serie gleich mehrmals betont, er sei nicht mehr der, der er mal war, dann ist das für manchen Zuschauer hierzulande womöglich ein Satz ohne große Bedeutung. Denn dass der von Tchéky Karyo gespielte Baptiste bereits im Zentrum der Serie »The Missing« stand, ging in Deutschland trotz einer Ausstrahlung auf Sky (wo beide Staffeln nach wie vor online ebenso verfügbar sind wie bei iTunes, Maxdome oder Amazon) ein wenig unter.
Für alle also, die die Emmy- und Golden-Globe-nominierte Krimiserie der Brüder Harry und Jack Williams nicht kennen, sei an dieser Stelle kurz rekapituliert: Als Experte für Vermisstenfälle wurde der Franzose in ganz Europa gerade von Angehörigen gerne um Hilfe gebeten, wenn es um das Aufspüren von Verschwundenen ging. Damit sollte nach einem beinahe tödlichen Hirntumor eigentlich Schluss sein. Doch als eine alte Wegbegleiterin bei der Polizei in Amsterdam eine junge Prostituierte sucht, kann Baptiste, der gerade dort samt Ehefrau auf Familienbesuch ist, es nun doch nicht sein lassen, ihr und dem britischen Onkel (Tom Hollander) des Mädchens zu helfen. Obwohl er nach einer überstandenen Operation eben vor allem körperlich tatsächlich nicht mehr der Gleiche ist.
Auch beim Spin-off ihrer eigenen Serie ziehen nun wieder die Williams-Brüder die Fäden, und sie verlassen sich dabei auf einige bewährte Elemente. Wieder ist das Tempo nicht übermäßig rasant, so dass sich die Spannung trotz immer neuer Twists und Enthüllungen eher langsam aufbaut. Wieder gibt sich die Serie betont gesamteuropäisch, weswegen bald unter anderem auch rumänische Gangster (»God's Own Country«-Entdeckung Alec Secāreanu spielt den gnadenlosesten) und eine britische Ermittlerin (Jessica Raine aus »Call the Midwife«) in den Fall verwickelt sind. Und dann ist da eben auch wieder der überzeugende Karyo, zuletzt auch in der Neuauflage von »Der Name der Rose« zu sehen, mit von der Partie. Genau übrigens wie seine Seriengattin, gespielt von Anastasia Hill.
Neu an »Baptiste« sind nicht nur das äußert telegene Amsterdam als zentrales Setting und die Tatsache, dass die Regieverantwortung auf zwei Regisseure aufgeteilt wurde – die ersten drei Episoden inszenierte der Isländer Börkur Sigþórsson, die letzten drei sein belgischer Kollege Jan Matthys; neu sind leider auch ein paar Schwächen, die »The Missing« nicht hatte: So mancher Drehbuchsatz klingt hier doch arg papieren, und die Glaubwürdigkeit der Handlung ist nicht immer wirklich gegeben. Selbst der Titelheld – er hatte uns ja vorgewarnt! – ist irgendwie weniger komplex und faszinierend als bisher. Alles in allem ist »Bapiste« damit immer noch eine passabel unterhaltsame Krimiserie. Nur verglichen mit dem Ausgangsstoff oder auch mit anderen bemerkenswerten BBC-Produktionen der jüngsten Zeit wie »Bodyguard« oder »Killing Eve« wirkt die Serie ein bisschen wie Stangenware.
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