TV-Tipp: »Fear X«
Nicolas Winding Refn! John Turturro! James Remar! Hubert Selby, Jr.! Bei diesen Namen denkt man an entfesselte Leidenschaften, an explosive Situationen. Geht man mit dieser Vorerwartung an Fear X, so wird man irritiert sein von den langen Einstellungen am Anfang, in denen nichts passiert, stattdessen nimmt sich der Film Zeit für einen endlosen Blick in das Gesicht von John Turturro, man spürt, wie es in seinem Kopf arbeitet – und rechnet jeden Augenblick mit einem Ausbruch seiner Emotionen. Doch die bleiben verborgen. Schnell begreift man, dass diesen Mann, der sein Geld als Wachmann in einer Shoppingmall verdient, etwas quält, etwas, das längst zur Obsession geworden ist, wie der Anblick einer Wand, übersät mit Zeitungsausschnitten und selbstgefertigten Karteikarten mit Steckbriefen, bezeugt. Harry Caine hat seine schwangere Frau bei einer Schießerei verloren, der Täter wurde nie ermittelt, trotz der Bilder der Überwachungskameras. Immer wieder geht Harry die Bänder durch, in der Hoffnung, darauf einen Hinweis zu finden. Schließlich stößt er auf ein Foto und fährt in einen anderen Ort. Dort scheint man ihn schon zu erwarten, ausgerechnet ein Polizist, der gerade mit einer Belobigung ausgezeichnet wird, steht ihm am Ende gegenüber. Aber statt der vermeintlichen Lösung des Rätsels stehen am Ende neue Irritationen…
Ein Blick in das Innere eines einfachen Mannes, den das Leben aus dem Gleichgewicht geworfen hat und für den sich Realität und Fantasie sich zu einem unentwirrbaren Ganzen vermengen: in seinem ersten englischsprachigen Film (gedreht 2003 in einem Kopenhagener Studio und mit Außenaufnahmen in Kanada) erzählt Refn ganz gradlinig und schnörkellos und entlockt seinen Darstellern in ihrem minimal acting Erstaunliches, nicht nur John Turturro, sondern auch James Remar (den man vor allem aus einer Reihe von Walter-Hill-Filmen kennt). Kongenial passt zu dieser schwebenden Atmosphäre die Musik von Brian Eno.
Ihre Meinung ist gefragt, Schreiben Sie uns