DVD-Tipp: »Fritz Bauer«
Fritz Bauer
»Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem andern zu.« Diesen Sinnspruch, eine abgespeckte Version von Kants kategorischem Imperativ, hörte Fritz Bauer aus dem Mund seiner Mutter, die er als Achtjähriger gefragt hatte: »Mutti, was ist eigentlich Gott?« Ein prägendes »Urerlebnis« sei dies gewesen, das die Berufswahl und die Weltanschauung des späteren Hessischen Generalstaatsanwaltes und Organisators der Auschwitz-Prozesse formen sollte. Bauer berichtet diese Anekdote der Journalistin und Holocaust-Überlebenden Renate Harpprecht in einem Interview, das 1967 im »1. Fernsehen« ausgestrahlt wurde. Das halbstündige Gespräch ist einer von 12 Fernsehauftritten, in denen Bauer zwischen 1961 und 1968 unter anderem über Abtreibung, Homosexualität und die damals neu gegründete NPD sprach. Und zwar mit einer spürbaren Leidenschaft und Überzeugungskraft, die man sich heute kaum noch vorstellen kann. Grund für die Publikation dieser Bilddokumente durch das Fritz Bauer Institut ist sicherlich auch die Popularität, die der streitbare Kämpfer gegen die Vertuschung der Nazivergangenheit durch drei kurz hintereinander entstandene Spielfilme erlangte. Die mit einem informativen Booklet ausgestattete Doppel-DVD vermittelt allerdings ein ziemlich anderes Bild von Fritz Bauer als der fiktionale Film. Deutlich zu sehen ist dies im Vergleich mit Burghart Klaußners zurückhaltendem Auftritt in »Der Staat gegen Fritz Bauer«. In diesem Kammerspiel stellt Lars Kraume die Gesprächssendung »Heute Abend Kellerclub« des Hessischen Rundfunks nach, die ebenfalls auf der DVD wiederveröffentlicht wird. Im Vergleich mit dem Spielfilm zeigt sich, dass Klaußner die Gestik Bauers zwar mit verblüffender Genauigkeit nachahmt. Dennoch wirkt der authentische Fritz Bauer kantiger, auch theatralischer. Man spürt aber: Das ist nicht gespielt, der Mann mit dem gegerbten Gesicht, den wild zurückgekämmten Haaren und dem unruhigen Kopfzucken meint es ernst, bis in jede Pore. Im Gegensatz zum fiktionalen Film, der Bauer ein wenig zum Helden stilisiert, kann man auf den knapp 300 Minuten Archivfilm einen uneitlen Menschen entdecken, der hinter seiner Mission völlig zu verschwinden scheint und nach der Devise lebt: »Was du nicht willst, das man dir t u...«
Fritz Bauer: Gespräche, Interviews und Reden (2 DVDs)
L: 298 Min.
Anbieter: absolut medien.
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