Nahaufnahme von Peter Dinklage

Der Schauspieler aus »Game of Thrones«
Peter Dinklage in der vierten Staffel »Game of Thrones«

© HBO

Als Tyrion Lannister in der Fantasyserie »Game of Thrones« wurde er zum Liebling des internationalen Publikums. Im Geschäft ist er allerdings schon seit den Neunzigern. Und jetzt, in seinem neuen Film Taxi, hat Peter Dinklage sich so bequem etabliert, dass er endlich auch mal das Mädchen küssen darf 

Sein Nachname, "Dinklätsch" ausgesprochen, erinnert an deutsche Ahnen. Und wenn Peter Dink­lage in Deutschland interviewt wird, mutmaßen Journalisten gerne über eventuelle adelige "Von Dincklage"-Vorfahren. Das passt zu seiner Fama in der »Game of Thrones«-Serie, in der er vor mittelalterlicher Sex-&-Crime-Kulisse als Adeliger Tyrion Lannister zur Kultfigur aufstieg. In Deutschland hätte der 1,35 cm kleine Schauspieler vielleicht keine Karrierechancen gehabt. Doch in den USA hat sein Repertoire eine enorme Bandbreite. Und nicht erst seit der weltweit populärsten TV-Serie: Vom ersten Kinoauftritt 1995 an wurden Rollen für ihn umgeschrieben. Programmatisch schnauzt er in der Independentkomödie »­Living in Oblivion« als Schauspieler, der in einer Film-im-Film-Traumszene im hellblauen Frack auftreten soll, den Jungregisseur an: "Wieso muss es unbedingt ein Zwerg sein? Oh, es soll schräg sein. Pack einen Zwerg rein!" Mit der Bezeichnung Zwerg hat Dinklage im wahren Leben keine Probleme. Doch beruflich lehnt er es ab, auf das Adjektiv kleinwüchsig reduziert zu werden: "Ich wollte Rollen, die meiner Größe angemessen sind."

»Living in Oblivion - Total abgedreht« (1995)

Peter Dinklage, 1969 in New Jersey geboren, hat Achondroplasie; Rumpf und Gesicht sind vollständig ausgebildet, Arme und Beine jedoch verkürzt. Sein Prinzip, nicht den drolligen Hofnarren zu mimen, führte dazu, dass er sich nach seiner Schauspielausbildung in New York jahrelang mit allerlei Jobs querfinanzierte. "Die Leute starren mich auf jeden Fall an", so sein Credo. "Ich lasse euch hinschauen – doch was ihr seht, das bestimme ich": Angriff statt Verteidigung. Vom Boom der Fantasymärchen mit ganzen Kohorten von Zwergen profitierte er nicht. Sein Aufstieg begann stattdessen mit einem sehr erwachsenen Film. Der Vorsatz, die Leinwand statt mit Körpervolumen mit Charisma zu füllen, wurde erstmals 2003 im Independentfilm »The Station Agent« offensichtlich, in dem er sich, vereinsamt, in ein Bahnwärterhäuschen zurückzieht – und für eine Handvoll Außenseiter zur Lichtgestalt wird. 

»Station Agent« (2003)

Die Dramedy, auf dem Sundance-Festival gefeiert, war seine Eintrittskarte für Hollywood. Mit dem typisch wilden Dinklage-Blick unter James-Dean-Augenbrauen und dem klangvollen Bühnenbariton stets ein leicht bedrohlicher Hingucker, nimmt er Klischees oft auf die Schippe. So tritt in »Buddy – Der Weihnachtself« der baumlange Will Ferrell als Weihnachtself auf, Dinklage dagegen als Kinderbuchautor Finch. Im brachialen britischen Spaß »Sterben für Anfänger« sprengt Dinklage als trauernder Liebhaber des Verblichenen die Beerdigung. 

In »Die Chroniken von Narnia: Prinz Kaspian von Narnia« spielte er dann doch einen Zwerg. Davor hatte er aber schon in der Serie »Nip/Tuck« ein kleines Tabu gebrochen, indem er, in der Rolle eines Babysitters, Sex mit seiner Auftraggeberin hat. Das kommt Dinklages Wunsch, einmal den romantischen Helden zu spielen und die Frau zu kriegen, zumindest nahe. Nebenbei streift die Serie, indem sie die gebräuchliche Operation zur Beinverlängerung zeigt, die Qualen, denen sich nicht nur Kleinwüchsige angesichts gesellschaftlicher Diskriminierung unterziehen.

»Taxi« (2015)

So ist Dinklage nicht einfach Hollywoods Toulouse Lautrec. Mit Blick auf die Rolle des Tyrion Lannister, für die er geboren scheint, ist seine Kleinwüchsigkeit das Fundament seines überragenden Formats. Denn sie macht ihn paradoxerweise zu einem Mannsbild, das gerade durch seine Gebrochenheit anziehend ist: geil und zartfühlend, gerissen und großherzig, selbstironisch und voll Shakespeare'scher Grandezza. Tyrions Schatten lässt die hochgewachsenen Player der Serie auf Böse-Buben-Größe schrumpfen. Und in seinem neuen Film »Taxi« wird immerhin angedeutet, dass er die Frau kriegt.

... zur Kritik von »Taxi« (Start 20. August)

Meinung zum Thema

Ihre Meinung ist gefragt, Schreiben Sie uns

Mit dieser Frage versuchen wir sicherzustellen, dass kein Computer dieses Formular abschickt