Kritik zu X-Men: Zukunft ist Vergangenheit
Diesmal reist Hugh Jackmans Wolverine zurück in die siebziger Jahre, um die Zukunft der X-Men zu retten. So kommt es zum Treffen der Generationen – und zu einer zweifachen Schlacht zwischen Robotern und Mutanten
Vielleicht war es gar kein Zufall, dass im Jahr 2000 ausgerechnet die X-Men, eine bis dahin eher unbekannte Marke, die Renaissance der Comic-Superhelden einläuteten. Sie mochten zwar nicht über die Popularität und das Charisma ihrer Artgenossen verfügen, dafür aber brachten sie Eigenschaften mit, die das Herz jedes Franchise-Architekten höher schlagen lassen: Vielfalt, Flexibilität, Austauschbarkeit. Ihr Universum wird weder durch den Raum noch durch die Zeit begrenzt; es schließt die futuristische Vision ebenso ein wie die historische Revision. Dazu kommt die Mannigfaltigkeit des Mutanten-Pools: Ganz gleich, wie verzwickt die Lage, wie unlösbar das Problem, es gibt immer einen Spezialisten, der es mit Hilfe seiner ganz besonderen Superkräfte lösen kann. Für den Drehbuchautor ist das "X" zuallererst eine Variable, die sich ziemlich beliebig füllen lässt.
Der, je nach Zählweise, fünfte bzw. siebte Beitrag zur Serie, trägt diese Beliebigkeit sogar im Titel und hätte genauso gut andersherum heißen können. Dank telepathischer Zeitreise ist es nun möglich, die Helden der ursprünglichen Sequels und ihre jüngeren Inkarnationen aus dem Prequel zu einem selbstreferentiellen Mix zu verbinden, in dem buchstäblich nichts mehr unmöglich ist: Jeder darf mal gut und mal böse sein, für die einen kämpfen oder für die anderen, sterben oder wiedergeboren werden – je nachdem, was der Spannungsbogen gerade verlangt und wie es die nächsten Sequels brauchen. Zwei weitere sind bereits in Arbeit.
Das klingt nun alles bedeutend zynischer, als es sich auf der Leinwand anfühlt. Bryan Singer, als Regisseur der ersten beiden Teile so etwas wie der Schöpfer der Reihe, inszeniert als Rückkehrer mit so viel Leidenschaft und handwerklichem Aplomb, dass Zukunft ist Vergangenheit zu einem großen optischen Vergnügen gerät. Gekonnt changiert er zwischen Action, Humor und jenem heiligen Ernst, der dem Franchise seine politisch korrekte Grundierung verleiht. Ein weiteres Plus ist das grandiose Ensemble, das – ähnlich wie in Nolans »Dark Knight«-Trilogie – durch seine schiere Präsenz die Comicbook-Story veredelt. Allerdings ist die Zahl der wichtigen Figuren auf rund zwanzig angeschwollen, was Connaisseure nicht stören wird, Neulinge aber durchaus irritieren könnte.
Im Zentrum steht einmal mehr Hugh Jackmans Wolverine. Als Zeitreisender ist er eine Mischung aus den Helden von Matrix und Terminator: Aus der von Maschinen zerstörten Zukunft des Jahres 2023 lässt er sich um 50 Jahre zurückkatapultieren, um der Zukunft einen anderen Verlauf zu geben. Dazu muss er in den liebevoll rekonstruierten Seventies die ebenso ahnungslosen wie widerwilligen "X-Men" rekrutieren und ein Attentat verhindern, das letztlich die Apokalypse zur Folge haben wird. Mit der Logik nimmt es der Film dabei nicht sonderlich genau, wohlwissend, dass es in diesem Kinokosmos auf andere Dinge ankommt.
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