Kritik zu Tropa de Elite
Der kontrovers diskutierte Spielfilm über eine Polizeispezialeinheit in Rio de Janeiro bewegt sich mit kraftvollbeklemmenden Bildern zwischen Action und Aufklärung, Thriller und Melodram
Endlich erreicht der Berlinale-Gewinner von 2008 die Kinos. Seine Auszeichnung mit dem Goldenen Bären überraschte und spaltete im vergangenen Jahr die internationale Filmkritik. »Tropa de Elite« verherrliche die Gewalt, schrieben die einen, und unterstellten faschistoide Tendenzen in der Darstellung der Konflikte in der Metropole Brasiliens. Andere bewerteten ihn als visuell anspruchsvolles Werk, an dessen Drehbuch und Produktion der Autor von »City of God«, Bráulio Mantovani, beteiligt war. Regisseur José Padilha hatte bereits 2002 mit seiner differenzierten Dokumentation über die Geiselnahme durch einen Obdachlosen in einem Linienbus in Rio de Janeiro Aufmerksamkeit erregt (»Bus 174«).
In »Tropa de Elite« intensiviert Padilha den Blick auf die Eingeweide der Stadt, die in seiner Erzählung von Elend, Drogen, Gewalt und Korruption durchwuchert werden. Keiner seiner Protagonisten kann diesen Problemen entkommen, auch nicht die wohlmeinenden Studenten aus der Mittelschicht, die sich zwar in Sozialprojekten engagieren, aber gleichzeitig bei Partys Drogen konsumieren, die sie von gewaltbereiten Händlern beziehen.
Aus der Perspektive eines Ich-Erzählers wird die Handlung aus der Rückschau aufgerollt. Dieser steht als Chef einer Elitetruppe der brasilianischen Militärpolizei vor, der sogenannten BOPE. Die in schwarze Uniformen mit Barett gekleideten Polizisten, deren Erkennungszeichen ein von Waffen und Messern durchkreuzter Totenkopf ist, verrichten ihren Dienst martialisch gerüstet in den sich über die Hügel Rio de Janeiros ziehenden Favelas, den Wohnsiedlungen der Armen und der Rückzugszone der Drogenbanden.
Captain Nascimento will den aktiven Dienst quittieren. Seine Nerven machen die Belastungen nicht mehr mit. Schweißgebadet hockt er bei einem Einsatz hinter einer Mauer und kann sich nur mit Mühe dazu zwingen, den nächtlichen Zugriff gegen einige Kleinkriminelle zu koordinieren. Ihm unterlaufen Fehler. Ein Kind wird getötet, und die Mutter, die ihn aufsucht, um ihn zu bitten, den Leichnam des Jungen zu bergen, verstärkt die Verzweiflung über seine Situation. Zu Hause stellt seine schwangere Frau Ansprüche, die er nicht erfüllen kann. Zwei Polizisten, die sich für die Sondereinheit bewerben und wie die anderen Aspiranten einem brutalen Selektionsverfahren unterzogen werden, kommen als Nachfolger infrage. Sie sind jedoch durch persönliche Disposition und Verbindungen auf ihre Weise mit dem korrupten System verhaftet . . .
»Tropa de Elite« erschlägt einen nahezu mit seinem harten Sound, den Eruptionen von Gewalt und der lähmenden Perspektivlosigkeit seiner Figuren. Knapp zwölf Millionen Brasilianer wollten dieses pessimistische Drama vor dem nationalen Kinostart sehen – als Download aus dem Internet oder auf selbst gebrannten DVDs. 2,5 Millionen Zuschauer besuchten später noch einmal die Kinos und machten den Film zur erfolgreichsten brasilianischen Produktion im Jahre 2007. In der Komfortzone des politischen Kinos besetzt dieser Film eine Nische: Er verstört nachhaltig, ohne Lösungen anzubieten. Das muss man aushalten können.
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