Kritik zu Himmelverbot

Trailer OmU © W-Film

2014
Original-Titel: 
Outside
Filmstart in Deutschland: 
13.08.2015
V: 
L: 
87 Min
FSK: 
12

Der aus Rumänien stammende Dokumentarist Andrei Schwartz begleitet einen zu lebenslanger Haft verurteilten Mörder nach dessen vorzeitiger Entlassung durch die schwierige Resozialisierung

Bewertung: 3
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Ein verurteilter Mörder, der nach 21 Jahren Haft begnadigt und in die Freiheit entlassen wird und ein Dokumentarfilmer, der ihn über ein paar Jahre hinweg dabei begleitet: Als Zuschauer glaubt man, sich mit dieser Information eigentlich schon ein gutes Bild vom Ergebnis auf der Kinoleinwand machen zu können. Es wird Szenen von der Entlassung geben, einen sicher tränenreichen Empfang durch gealterte Verwandte und Freunde, dann die Schwierigkeiten der Resozialisierung, bei der Arbeitssuche, bei der Integration in Familie und Gesellschaft, potenziert durch die Tatsache, dass es um ein weniger von Wohlstand gezeichnetes Land wie Rumänien geht. Zwischendurch werden sicher auch die Umstände der Tat selbst und das Thema der Reue eine Rolle spielen… Andrei Schwartz’ Film bietet all das – aber eben doch noch mehr.

»Himmelverbot« (2014)

Zu Beginn stellt Schwartz seinen Protagonisten vor, den er bereits vor Jahren bei Dreharbeiten zu einem Dokumentarfilm über ein Hochsicherheitsgefängnis in Bukarest, Rumänien kennengelernt hat. In Aufnahmen von 2002 sieht man einen hageren, noch relativ jungen Mann mit vollem, rotblondem Haarschopf von den Motiven seiner Tat erzählen. Die Staatsanwältin, die er getötet habe, hätte ihn zuvor während einer harmlosen Verurteilung als »lausigen Juden« beleidigt. Ob er selbst der Meinung wäre, man solle einen wie ihn entlassen, fragt ihn der Regisseur vor laufender Kamera. Nein, gibt Gavriel Hrieb zur Antwort, aber aus egoistischen Gründen wäre er trotzdem gern frei. Ein Schlitzohr, denkt man sich als Zuschauer, und aus dem Off kommentiert Regisseur Schwartz selbst, dass Gavriels Geschichte »voll Schatten und dunklem Humor« am besten zu seinem Bild von Rumänien gepasst habe, dem Land, das er selbst als Teenager für immer verlassen habe. Was sich zunächst wie der nicht unbedingt notwendige Versuch anhört, die persönliche Motivation als Autor gleich mitzuliefern, wird sich als Schlüssel zu diesem unerwartet doppelbödigen Dokumentarfilm erweisen.

»Himmelverbot« (2014)

Auf völlig unaufdringliche Weise nämlich thematisiert Schwartz in »Himmelverbot« nicht nur die Mühseligkeiten einer Resozialisierung nach 21 Jahren Haft, sondern sozusagen auch die »Erfindung« seines Protagonisten Gavriel Hrieb, dem verurteilten rumänischen Rachemörder, der seine Tat bereut und im Leben neu anfangen will. So sieht man auf der einen Seite tatsächlich die erwarteten Szenen – der tränenreiche Empfang nach der Entlassung, die vergebliche Suche nach einem Job, die prekäre Situation des erneuten Zusammenlebens mit der Mutter und anderen Verwandten. Zugleich aber streut Schwartz immer wieder ein, dass er den Umständen des Mordes weiter nachgeht und mehr darüber herausbekommen will. Über die Jahre erzählt Hrieb verschiedene Versionen seiner Motivation zur Tat. Während er schließlich mit Unterstützung des Regisseurs in Deutschland Fuß fasst, erhält letzterer am Ende Einsicht in die Justiz­akte in Bukarest und damit in ein noch mal neues Gesicht seines Protagonisten. Dass Schwartz die Konfrontation seines Helden mit der Wahrheit schließlich weniger zu dessen als vielmehr zur eigenen Entlarvung nutzt, macht die besondere Qualität von »Himmelverbot« aus.

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