Kritik zu Dating Queen
Soll man diesen Film nun dem ausgewiesenen Komödienspezialisten Judd Apatow zuschreiben oder doch eher der famosen Stand-up- und TV-Komikerin Amy Schumer, die hier ihr Debüt als Szenaristin und Darstellerin gibt?
Der Narzissmus hat im Kino keinen guten Leumund. Er ist eine erschöpfliche Inspirationsquelle und nicht unbedingt der beste dramaturgische Berater. Allerdings hat er den Vorteil, dass der Künstler seinen Gegenstand intim kennt. Die Komikerin Amy Schumer jedenfalls versteht es prächtig, satirische Funken aus ihrem Ringen mit dem eigenen Bild zu schlagen. Ihre äußere Erscheinung entspricht nicht exakt landläufigen Vorstellungen von Schönheit. Indem sie dennoch auf ihrem natürlichen Recht auf sexuelle Erfüllung beharrt, reißt sie in ihrer TV-Show »Inside Amy Schumer« mutig Tabus ein. Munter verschiebt sie als Darstellerin und Autorin die Grenzen dessen, was im Fernsehen sag- und zeigbar ist – und vor allem dessen, was die Zuschauer aus dem Mund einer Frau zu hören bereit sind.
Diesen rüden emanzipatorischen Elan überträgt sie nun in ihre erste große Kinorolle. Auch hier heißt sie Amy und führt ein ulkig abwechslungsreiches Liebesleben. Im Prolog trichtert ihr Vater Gordon (Colin Quinn) den Töchtern ein, Monogamie sei unrealistisch. Während sich ihre Schwester Kim (Brie Larson) für ein konventionelles Familienleben entschieden hat, befolgt Amy den väterlichen Rat. Das tut die ehrgeizige Redakteurin eines Lifestylemagazins zunächst erfreulich ungeniert; ihre Partner für eine Nacht summieren sich zu einer pittoresken Menagerie. Dann jedoch lernt sie bei der Arbeit an einer Reportage den erfolgreichen Sportarzt Aaron (Bill Hader) kennen. Als er sich nicht damit zufrieden gibt, nur eine flüchtige Affäre zu sein, sondern sie mit einem aufrichtigen, geerdeten Bedürfnis nach Nähe konfrontiert, gerät ihr Weltbild heftig ins Wanken.
Auch wenn Schumer in einigen Szenen ihre TV-Sketche hübsch variiert (man vergleiche nur einmal die Redaktionskonferenzen mit den auf YouTube abrufbaren »Sex Tips«), kann sie den anarchischen Furor ihrer Fernsehpersona nicht vollends im Kino heimisch machen. Sie selbst entwickelt zwar ein einzigartiges Leinwandtemperament, die Riege unverbrauchter TV-Gesichter fremdelt indes sehr mit dem anderen Medium. Bill Hader ist ein überaus trockener straight man, und etliche Nebenfiguren sind einander schlicht zu ähnlich.
Amys plappernder Offkommentar schmälert den ersten Eindruck schwebender Originalität erheblich. Und mit ihren überflüssigen Hommagen an Woody Allen legt sie ihrer Komödie eine unvorteilhafte Messlatte an. Überdies wird der vergnügten Hedonistin bald eine sehr konventionelle Reue auferlegt. Im Fernsehen lotet sie den Widerspruch von Lebensstil und Leben freizügiger und hintergründiger aus. Tatsächlich entscheidet ihre Herkunft in stärkerem Maße über Wohl und Wehe des Films, als es Judd Apatows Regie tut. Schumer ist brillant in der kurzen Form – eine Trauerrede, die sie hält, ist ein vielschichtiges Kabinettstück der Tabuverletzung. Mit der Langstrecke muss sie indes sichtlich ringen. Da hätte es einen rigoroser strukturierenden Regisseur als Apatow gebraucht.
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