Kritik zu Terminator: Genisys
He is back: Der fünfte Teil der Terminator-Reihe zeigt, wie alles begann – oder eben auch nicht
"Metaebene" scheint das Zauberwort der diesjährigen Blockbuster-Saison zu sein. Sowohl »Jurassic World« als auch »Mad Max: Fury Road« steckten voller mehr oder weniger hintersinniger Referenzen an die legendären Vorgänger, und bei den »Avengers« ist das Spiel mit dem eigenen Comic-Kosmos sowieso Programm. Der fünfte Teil des »Terminator«-Franchise treibt die Selbstreferentialität nun auf die Spitze. Da werden die ersten beiden Teile nicht nur zitiert, sondern komplette Szenen nachinszeniert und mit neuen Pointen versehen. Die Ausgangssituation knüpft dabei an den Hintergrund des Originalfilms an: Im Jahr 2029 ist den Menschen der Sieg über das Maschinenimperium von "Skynet" gelungen. Doch zuvor konnten die Maschinen noch einen Terminator ins Jahr 1984 schicken, um Sarah Connor zu töten, die Mutter des späteren Rebellenführers John Connor. Um dies zu verhindern schickt John Connor seinen Mitstreiter Kyle Reese ebenfalls in die Vergangenheit, um Sarah zu retten. So weit, so bekannt. Allerdings muss Kyle diesmal bei seiner Ankunft in den Achtzigern feststellen, dass die erwartete Vergangenheit nicht mehr existiert: Sarah Connor erweist sich nicht als ahnungslose Kellnerin, sondern als wehrhafte Amazone, die seit ihrer Kindheit von einem weiteren Terminator (Arnold Schwarzenegger) beschützt wird. Wie es dazu kam, sei hier nicht verraten, nur soviel: Arnold Schwarzenegger, der mit zunehmendem Alter immer besser wird, gibt dem Film mit seiner lakonischen Selbstironie einen gewissen Charme.
Es würde zu weit führen, sämtliche weiteren Wendungen und Zeitebenen von »Terminator: Genisys« aufzudröseln. Letztlich geht es für Kyle, Sarah und den "guten" Terminator ohnehin wieder um das Eine: Nämlich das Skynet-Schaltzentrum zu zerstören, bevor es überhaupt die Weltherrschaft erlangen kann. Die neuen Schläuche, in denen dieser alte Wein präsentiert wird, stellen zwar alles auf den Kopf, was wir aus den ersten Teilen zu wissen glaubten. Aber eine neue gedankliche Dimension fügen all die rückwirkenden Veränderungen dem »Terminator«-Universum nicht hinzu. Wo James Cameron in den Originalfilmen mit ein paar Kniffen existentialistische Funken schlug, verrennt der neue Film sich in einer Geschichte, deren betonte Cleverness auf Dauer nur überkompliziert wirkt. Anstatt die ganze Luftnummer in lustvoll-spielerischer Manier zu überdrehen, erstarrt der Film in einer pseudowissenschaftlichen Plausibilitätshuberei, die zu einer Art Christopher-Nolan-Effekt führt: Regelmäßig muss jemand wortreich erklären, warum das alles Sinn macht. Kyles markige Replik an ein diabolisch einflüsterndes Hologramm wird da zur ungewollten Pointe: "Willst Du uns zu Tode zu quatschen?".
Umgekehrt stößt Regisseur Alan Taylor schnell an seine Grenzen wenn es um visuelles Erzählen geht. Auf ikonographische Bilder oder auch nur eine gewisse Eleganz wartet man vergeblich. Einmal mehr erweisen die 3D-Bilder sich als zusätzliches Handicap, mit ihrer suppigen Textur, der mangelnden Tiefenschärfe und den enervierenden Halo-Effekten. Man fragt sich, wann endlich die zahlenden Zuschauer gegen diese kontraproduktive Technologie rebellieren werden.
Und es ist nicht ohne Ironie, dass in »Genisys« Computertechnologie, Virtualität und totale Vernetzung (Google? Facebook?) als Unheilsbringer des Menschen ausgemacht werden, obwohl der Film selbst in einem komplett digital anmutenden San Francisco spielt - selten sah die Golden-Gate-Bridge so artifiziell aus. Auch dies steht in Kontrast zu den beschworenen Originalen, deren Cyborgs gerade deshalb so bedrohlich wirkten, weil sie in einem nachfühlbaren Hier und Jetzt wüteten. Natürlich gibt es in »Terminator: Genisys« jede Menge Action, aber selbst hier rekurriert Taylor meist auf Motive aus Camerons Filmen - ein als Zitat getarnter Mangel an Ideen, nur ohne die kaltschnäuzige Exploitation-Radikalität des ersten Teils oder die visuelle Poesie von »Terminator 2«. So gesehen funktioniert »Terminator: Genisys« vor allem auf einer Metaebene sehr gut: Als Erinnerung daran, welch meisterhafter Regisseur James Cameron war und was für visionslose Auftragsfilmer ihn nun beerben sollen.
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