Kritik zu Berlin – Paris: Die Geschichte der Beate Klarsfeld
Aufarbeitung der Geschichte ist eine permanente Aufgabe. Hanna Laura Klar stellt in ihrem Dokumentarfilm darüber hinaus eine ungeheuer sympathische Person vor
Es beginnt mit einer Ohrfeige. Beate Klarsfeld verschafft sich am 7. November 1968 Zugang zum CDU-Parteitag in Berlin und ohrfeigt den damaligen Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger. Dabei rief sie: »Nazi tritt zurück!« Die Mitgliedschaft Kiesingers in der NSDAP war zu diesem Zeitpunkt nur wenigen bekannt. Bilder gibt es von dieser historischen Ohrfeige leider kaum. Einige unscharfe Aufnahmen aus weiter Ferne sind in Hanna Laura Klars Film zu sehen, dafür erzählt eine sehr vitale Beate Klarsfeld mit großem Selbstbewusstsein von ihrer Entscheidung, geschichtliche Prozesse nicht länger sich selbst zu überlassen, sondern einzugreifen. Gemeinsam mit ihrem jüdischen Ehemann Serge wurde sie zur erfolgreichen Nazijägerin, ermöglichte neben vielem anderen den Prozess gegen Klaus Barbie und später den gegen Kurt Lischka, der für Deportationen aus Frankreich verantwortlich war.
Hanna Laura Klar begleitet Beate Klarsfeld auf ganz unterschiedlichen Wegen, in Berlin und in Paris, ist bei Interviews dabei oder führt selbst welche und zeigt in ihrem Film, was Beate Klarsfeld dazu bewegte, gemeinsam mit ihrem Mann, der seine Familie im Konzentrationslager verlor, für Gerechtigkeit zu kämpfen. Anders als in den Spielfilmen Hetzjagd von 2008 mit Franka Potente und Verfolgt und gejagt von 1986 mit Farrah Fawcett kommt hier Beate Klarsfeld in eigener Sache zu Wort, eine Frau, der man zuhören will und die ihr Engagement in jeder Geste, in jedem Lächeln spürbar macht. Es ist eine Frau, die nicht verbittert ist, obwohl man Anschläge auf sie verübte, sie verunglimpfte, und den Antrag auf ein Bundesverdienstkreuz bislang zweimal ablehnte. Die Anerkennung für ihre Arbeit kommt aus dem Ausland. Hanna Laura Klars Film will jedoch nicht anklagen, sondern im Land der Täter zeigen, wozu auch der Einzelne imstande sein kann. Geduldig bleibt sie bei ihrer Hauptfigur, nimmt sich Zeit für lange Einstellungen. Dadurch wird der Zuschauer ein teilnehmender. Und das ist bei diesem Thema wichtiger denn je.
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