Kritik zu Breaking Dawn: Bis(s) zum Ende der Nacht – Teil 1
Jetzt geht es ans Eingemachte. Bella heiratet endlich ihren Vampir und darf Sex haben. Das ist allerdings eine erschreckend spaßfreie Angelegenheit im vorletzten Teil der erfolgreichen Vampir-Serie nach den Romanen von Stephenie Meyer
Das Vorspiel hat ein Ende. In der vierten Folge von Stephenie Meyers Blutsauger- Saga vollziehen Teenager Bella und ihr schöner Vampir endlich den Übergang von der platonischen zur körperlichen Liebe. Da Sex vor der Ehe in der Welt der mormonischen Verfasserin ein No-No ist, wird zuerst eine romantische Hochzeit gefeiert. Dann geht es in die Flitterwochen in ein luxuriöses Ferienhaus auf einer brasilianischen Insel – und von dort flugs zurück zu den Vampir-Schwiegereltern, denn Bella ist schwanger und todkrank.
Es war zwar klar, dass der Sex zwischen einer 18-Jährigen und einem 109 Jahre alten Untoten schwierig werden würde, mal abgesehen von der Freigabe ab 12 Jahren. Dass Regisseur Bill Condon, der etwa mit Dreamgirls und der Sexualforscher-Filmbio Kinsey ein farbiges Repertoire aufweisen kann, so getreu Meyers Text folgt und diesen Moment, auf den die Leserinnen mutmaßlich hinfiebern, so lasch abhakt, war dennoch nicht zu erwarten. Nach dezentem Bettgeflüster liegt am Morgen das Schlafzimmer in Trümmern, und Bella hat ein paar blaue Flecken; das war’s. Statt »faire l’amour« tritt das Paar in eine neue Leidensrunde ein. Nicht nur droht das in Bellas Bauch heranwachsende Wesen sie zu zerstören – sie wird auch wegen der möglichen Geburt eines Dämons von Werwölfen bedroht.
Der erste Teil des wie bei Harry Potter aufgesplitteten Finales erweist sich als düsterer Überbrückungsfilm und erzählerische Durststrecke. Meist stehen die Vampire mit geschockter Miene um Bellas Krankenbett herum. Kristen Stewart sieht als sieche Märtyrerin wirklich zum Fürchten aus. Ihr Bauch schwillt so gruselig an wie in Missgeburts- Klassikern à la Rosemaries Baby oder Alien. In der bierernsten Konzentration auf diese Risikoschwangerschaft geht es zu, als habe Meyer zu viel von David Cronenbergs Frühwerk geschaut. Unerschrocken malt das Epos, in dem Blutsauger zu Sanitätern umgewidmet werden, jene Sorte gynäkologischer Blutorgien aus, die gerade männliche Splatter-Aficionados wie der Teufel das Weihwasser fürchten: Brechreiz garantiert. Auch Taylor Lautner darf als Jacob nur einmal seinen Sixpack herzeigen, ist aber immer noch vitaler als Edel- Vampir Robert Pattinson. Da freut man sich über ein bisschen schlecht computeranimierte Action mit Werwölfen, die dieses Mal als nahezu Einzige mit den Zähnen fletschen.
Bestechend ist andererseits, welche Haken Meyers Fabulierlust zwischen strenger Religiosität und dem Hohelied weiblicher Selbstbestimmung schlägt. So hanebüchen und pervers das Geschehen ist – wieso etwa kann ein Untoter ein Kind zeugen, oder warum hat keiner ein Kondom mitgebracht? –, so elegant wird das eigentlich tödliche Abtreibungsverbot mit Hilfe der größten Baustelle einer gedeihlichen Mensch-Vampir-Beziehung, dem Biss, gelöst. Die Mär um Bellas Tod und Wiederauferstehung ist nur auf den ersten Blick gaga. Tatsächlich kriegt diese halbe Portion mit der Pose eines schutzbedürftigen Rehs stets, was sie will – und dürfte es auch weiterhin schaffen, Werwölfe und Vampire in Schach zu halten. Nicht umsonst ist das unscheinbare Girlie zur Identifikationsfigur vieler Mädchen aufgestiegen.
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