Kritik zu Mission: Impossible – Phantom Protokoll
Vom Regisseur von »Ratatouille«: Das scheint jetzt nicht direkt eine Empfehlung für ein krachendes Action-Franchise zu sein. Überraschenderweise aber gelingt es Brad Bird, der dümpelnden Serie um den Agenten Ethan Hunt wieder Leben einzuhauchen
Vor 16 Jahren startete der erste »Mission:Impossible«-Film in den Kinos, erklärtermaßen als Beginn einer Reihe angelegt. Allerdings waren die Produktionen der ersten drei Teile von Problemen begleitet, so dass jedesmal über das Aus der Serie spekuliert wurde. Auch die Idee, jeden Film durch die persönliche Stilistik des Regisseurs zu prägen, ging mitunter nach hinten los. Besitzt Brian De Palmas erster Teil eine altmodische Finesse, die heute noch begeistert, so wirkte John Woos »M:I-2« wie eine unfreiwillige Selbstparodie. Teil 3 von J.J. Abrams zeichnete sich vor allem dadurch aus, dass er überhaupt keine individuelle Handschrift erkennen ließ.
Ganz anders der neueste Streich von Brad Bird, der nach drei meisterhaften Animationsfilmen sein Debüt als Realfilmregisseur gibt. Bereits in »Die Unglaublichen« bewies er ein unerhörtes Talent für Actionszenen, ohne dabei die Figuren aus dem Blick zu verlieren. Dementsprechend lässt er hier den schmerzlich vermissten Teamgeist der Serie aufleben und stellt Tom Cruises Ethan Hunt eine Crew aus echten Charakterköpfen zur Seite. Jeremy Renner als smarter Analytiker, Paula Patton als schlagkräftige Feldagentin und Simon Pegg als High-Tech-Wizard gewinnen im Lauf des Geschehens immer mehr an Profil, und zum ersten Mal verlässt man das Kino mit dem Gefühl, dass man dieses Team gerne wieder in gemeinsamer Aktion sehen würde.
Die Grundlinie des Plots ist simpel. Nach einem missglückten Einsatz im Kreml gerät Ethan Hunt als vermeintlicher Terrorist selbst ins Visier und muss mit seinen Gefährten einen Plan austüfteln, um den wahren Bösewicht zur Strecke zu bringen. Wenngleich das Drehbuch in einigen Motiven direkt an »Mission:Impossible 3« anknüpft, erinnert Birds Film vor allem an den ersten Teil der Reihe: Vom Auftakt in einer osteuropäischen Metropole über einen nahezu geräuschlosen Einbruch bis hin zum aberwitzig überdrehten Finale. Das wirkt gleichwohl nie epigonal, sondern eher wie der geglückte Versuch, die Qualitäten des Eröffnungsfilms für die heutige Zeit zu adaptieren und Kontinuität in die Serie zu bringen. Auch die Kameraarbeit von Robert Elswit (»There Will Be Blood«) erinnert mit ihrer enormen Tiefenschärfe, den majestätischen Flügen und den ausschweifenden Fahrten eher an Brian De Palmas klassizistische Eleganz als an Woos pubertäres Pathos oder Abrams' nervöse TV-Ästhetik. Die Inszenierung legt ein enormes Tempo vor, dennoch strahlt das Ganze eine angenehme Gelassenheit aus. Mit origineller Eigenwilligkeit wechselt Bird den Tonfall, inszeniert etwa die Rückblenden auf einen missglückten Einsatz theatralisch wie ein Bühnenstück oder einen tödlichen Zweikampf als comichafte Slapsticknummer. Bemerkenswert in diesem Zusammenhang auch die Arbeit des Cutters Paul Hirsch, der dafür sorgt, dass man selbst bei komplexen Monategesquenzen nie den Überblick verliert. »Phantom Protokoll« mag nicht die intellektuelle Doppelbödigkeit des ersten Films haben, bei dem De Palma sich als auteuristischer »Schmuggler« par excellence erwies. Aber nach den beiden holprigen Sequels legt Brad Bird einen mehr als souveränen Neustart vor.
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