Kritik zu Reuber
Abenteuer in den Brandenburgischen Wäldern: Axel Ranisch (Dicke Mädchen) hat einen Kinderfilm gedreht, wie immer ohne festes Drehbuch und weitgehend improvisiert
Man hat die kleine Welle ziemlich radikaler, weitgehend improvisiert und ohne größeres Budget entstandener deutscher Filme der letzten Jahre »German Mumblecore« genannt. Ihre Protagonisten sind weit davon entfernt, sich als Bewegung zu begreifen, aber es eint sie ein Bekenntnis zur Spontaneität und ein Misstrauen in ein Drehbuch, das Vertrauen in die Kreativität der Schauspieler (die auch Laien sein können) und die Magie vorgefundener Schauplätze. Einer der Mumblecore-Regisseure ist Axel Ranisch, und er hat mit seinem 2011 in Hof uraufgeführten Dicke Mädchen den jungen Wilden zu ihrer ersten größeren Aufmerksamkeit verholfen.
Wenn der aus dem englischen Independentbereich stammende Gattungsbegriff das lebensecht gemeinte Nuscheln und Murmeln bedeutet, das der Zuschauer vielleicht nicht immer ganz versteht, dann passt Ranischs neuer Film – der allerdings unmittelbar nach Dicke Mädchen gedreht wurde – nicht so ganz ins Raster. Denn lautlich in Erinnerung bleibt vor allem das Brüllen. Die donnernden Laute zweier einigermaßen beleibter Männer, die wir schon aus Dicke Mädchen kennen: Heiko Pinkowski und Peter Trabner. Die beiden schreien, was das Zeug hält, als wären sie einem Aktionskunst-Workshop entsprungen. Aber schließlich sind sie ja auch Räuber und Zauberer, und die konnten sich, nehmen wir mal an, wahrscheinlich noch nie gut leiden.
Denn Ranischs Reuber ist ein Kinderfilm – und hatte auch seine deutsche Premiere folgerichtig beim Kinderfilmfest München 2013. Ein Film, der als Gutenachtgeschichte beginnt, sich durch die Rätselhaftigkeit des deutschen Märchenwaldes tastet, den Räuber Hotzenplotz einen guten Mann sein lässt und vor einem verwegenen Körpertausch nicht zurückschreckt. Ein Märchen, frisch und unbekümmert erzählt.
Der kleine Robby hat seine Schwester im Kinderwagen vor dem Supermarkt stehen gelassen, weil er Süßigkeiten kauft, und als sie dann verschwunden ist, sucht er Zuflucht im Wald, vor dem deutlich sichtbar das Schild »Reuber« aufgestellt ist. Er trifft auf den Zauberer (Trabner), der ihm per Vertrag seine Kindheit abluchst, und findet Hilfe bei dem Räuber Reuber, der ihm das Handwerk des Überfallens beibringt. Und tatsächlich müssen ein paar Pilzsammler dran glauben. Was vielleicht nicht jeder Pädagoge mag.
Reuber ist ein Familienfilm im besten Sinne: Man muss kein Kind sein, um ihn zu mögen. Und Ranisch hat ihn mit seiner Familie gedreht: Sein Neffe Tadeus spielt den Robby, seine schon aus Dicke Mädchen bekannte Großmutter die gute Fee. Man merkt dem Team um Ranisch/Pinkowski/Trabner den Spaß an, den sie 2011 in einer Woche im Brandenburgischen Wald hatten, auch die Lust am overacting, als sie den Film tagsüber drehten und am Abend weiterentwickelten.
Ihre Meinung ist gefragt, Schreiben Sie uns