Kritik zu Chappie
Wenn Frankenstein und Pinocchio zu Robocop verschmelzen: Der neue SciFi-Actioner von Neill Blomkamp ist eine weitere Bastelarbeit, bei der allenfalls die Hardware zu überzeugen weiß
Vor sechs Jahren war Neill Blomkamp der Mann der Stunde. Mit seinem Debüt »District 9«, einer dreckigen Variante des Alien-Invasionsfilms, revitalisierte der Südafrikaner das SciFi-Genre auf erfrischende Weise und verband dabei beachtliche Tricktechnik mit einem quasi-dokumentarischen Stil. Dass die Figuren etwas zu holzschnittartig gerieten und die Story etwas zu einfältig daherkam: geschenkt. Der Mann war ja noch jung.
Erste Zweifel waren nach seinem vielleicht vorschnellen Sprung nach Hollywood angebracht. »Elysium«, lahm, unausgegoren und zurecht ein Flop, wusste allenfalls auf der visuellen Ebene zu überzeugen. Mit Chappie will Blomkamp nun offensichtlich zu seinen Wurzeln zurückkehren. Die Idee geht auf einen seiner frühen Kurzfilme zurück, wie »District 9« spielt der Film im heimischen Johannesburg, als Koautorin fungierte erneut seine Frau Terri Tatchell, und zumindest mit der anfänglichen Montage aus Interview-Statements, TV-Nachrichten und fake-dokumentarischen Bildern knüpft der Regisseur auch stilistisch an seinen Erstling an. Nachdem das Setting einmal etabliert ist – in einer nicht näher definierten Zukunft wird die Polizei bei der Verbrechensbekämpfung erfolgreich von Kampfrobotern unterstützt –, beendet Blomkamp dieses Prinzip jedoch und kehrt auch nicht mehr zu ihm zurück.
Ganz konventionell schildert er die Geschichte des nerdigen Ingenieurs Deon Wilson (Dev Patel), der die Roboter gegen den Widerstand eines neidischen Kollegen (Hugh Jackman) und trotz des Vetos seiner Chefin (Sigourney Weaver) mit künstlicher Intelligenz ausstatten will. Im Alleingang erschafft er die titelgebende Kreatur, letztlich ein Kind im Maschinenkörper, verliert es aber gleich wieder an ein in einer Industrieruine hausendes Punkertrio, das mit Hilfe des Roboters seine Schulden bei einem brutalen Gangsterboss zu begleichen hofft. So wird Chappie zum coolen Brother erzogen, mit Tattoos, Goldkettchen und immer einem flotten Spruch auf den metallenen Lippen.
Das klingt nicht nur krude und hanebüchen, das ist es auch. Blomkamp reißt zwar fundamentale Fragen an – von künstlicher Intelligenz über das Verhältnis von Körper und Bewusstsein bis hin zur Wiedergeburt. Er bleibt dabei aber so oberflächlich und beliebig, dass nichts davon auch nur ansatzweise interessant oder glaubwürdig wäre. Chappie geht nirgendwo in die Tiefe; alle Protagonisten sind plump und eindimensional gezeichnet, und obendrein kann sich das Drehbuch nie für eine Perspektive entscheiden, die dem Zuschauer ein emotionales Engagement erlauben würde. Stattdessen wird viel und sinnlos geballert, und die in der Tat beachtliche Hardware – neben den verschiedenen Robocops auch ein an Star Wars erinnerndes fliegendes Ungetüm – darf tricktechnische Kabinettstücke vorführen. Was dieser Film jedoch definitiv gebraucht hätte, wäre mehr Intelligenz – egal ob künstlich oder nicht.
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