06/2012

In diesem Heft

Tipp

Ami Canaan Mann schürt in ihrem zweiten Spielfilm »Texas Killing Fields« eine Stimmung, in der nicht nur die Lichtverhältnisse schummrig sind – und verrät dabei durchaus Einflüsse ihres berühmten Vaters Michael Mann

Filmkritik

Ein Beitrag zum neuen griechischen Kino: Spiros Stathoulopoulos’ Liebesgeschichte zwischen einer Nonne und einem Mönch träumt den Traum individuellen Glücks. Keine Tragödie, sondern ein Akt diskreter Subversion
Filme über so schillernde Persönlichkeiten wie den chinesischen Künstler und Dissidenten können im besten Fall nur halb so gut sein wie ihre Protagonisten. Alison Klaymans Porträt legt die Messlatte noch niedriger, denn es zeigt eher den Elan eines Groupies als die gewissenhafte Schaulust einer Dokumentaristin
Jason Statham mimt einen obdachlosen Killer, der zum Schutzengel eines Kindes wird, auf das Mafiosi sowie korrupte Polizisten Jagd machen. Ein stilistisch an Siebziger-Jahre- Reißern orientierter ruppiger Actionthriller,der trotz seiner Gagahandlung viel Drive hat
Jack Black, Steve Martin und Owen Wilson als konkurrierende Vogelnarren in einem Film, der so spannungs- und konfliktlos ist, dass man es schon wieder genießen kann
Der kontemplativ angelegten, formal jedoch strengen Doku über die Arbeiten des italienischen Baumeisters gelingt es durch sorgfältige Kompositionen, ein Raumgefühl für dessen Architektur zu vermitteln
Tim Burtons Hommage an die gleichnamige US-Serie spielt vergnüglich auf allen Klaviaturen von Retrocharme und Kulturschock, handelt insgeheim jedoch vom Wesen familiären Zusammenhalts
Als Überraschung kommt dieses kleine Dokudrama daher: Hauptdarsteller Stephen Fry spielt zwar den Fremdenführer und begleitet den Werdegang Richard Wagners und die Entstehung seiner Musik mit Reisen und Gesprächen, im Vordergrund steht jedoch sein ganz persönliches Bekenntnis zur Musik Wagners
Ganz und gar überflüssiges US-Remake der charmanten französischen Teenager-Komödie gleichen Titels: Die 16-jährige Lola (Miley Cyrus) schlingert durch die Stromschnellen des Erwachsenwerdens; zu sehen sind aber nur gelackte jugendliche Models in einer sterilen Welt. Ohne Schwung, ohne Charme
Cindy Meehls Dokumentarfilm portraitiert den »Pferdeflüsterer« Buck Brannaman – und ist darüberhinaus lesbar als eine Parallelgeschichte zu den Fiktionen des Westerns, in der die Gewalt der amerikanischen Mythen besänftigt wird
Sehenswerter Dokumentarfilm über die rasant anwachsende Verbreitung von Sushi auf der ganzen Welt und der damit einhergehenden Gefahr der Überfischung der Meere im Hinblick auf den Thunfisch
Die Komödie über zwei Köche, die den Widrigkeiten der modernen Feinschmeckerwelt trotzen, folgt dem klassischen Rezept so ziemlich aller Buddymovies. Das klingt nach filmischem Fast Food, wurde aber mit großer Liebe zubereitet
Yorgos Lanthimos erzählt in seiner absurden Tragödie von einer Gruppe Dienstleister, die die Rollen Verstorbener einnehmen, um Hinterbliebene zu trösten. Doch die strengen Regeln dieses klandestinen Kleinunternehmens werden eines Tages übertreten. Eine psychosoziologische Studie, so ruhig wie bizarr, so spröde wie faszinierend
Vor dem Hintergrund der Atombombentests auf dem Mururoa-Atoll in den 70er Jahren erzählt Marion Hänsel von drei jungen Rekruten. Die elegischen Bilder des Südseeparadieses stehen im Kontrast zu den Zerstörungen, die die Detonation in den Männern auslöst
»Jasmin« ist ein eindringlich gespieltes, pointiert geschriebenes Kammerspiel über eine Frau, die ihr Kind getötet hat und die Gründe für diese Tat einer Psychiaterin darlegt
Delphine und Muriel Coulins Spielfilm »17 Mädchen« ist neben der Dokumentation eines merkwürdigen Falles – eine Gruppe von Mädchen wird gleichzeitig schwanger – eine feine Parabel auf den Wunsch schneller erwachsen zu werden, als es Körper und Geist vorsehen
Aysun Bademsoy befragt Jugendliche mit Migrationshintergrund nach ihrem Verständnis von Ehre. Die Antworten sind ein vielsagendes Dokument einer Gesellschaft, in der der Begriff der Ehre zum Ausdruck von sozialer Anerkennung geworden ist
Will Smith und Tommy Lee Jones müssen die Welt erneut vor fiesen Aliens retten und reisen dafür zurück ins Jahr 1969. Der dritte Teil der »Men in Black«-Reihe ist keine hochgerüstete Modernisierung, sondern wartet mit einer tragfähigen Story, Entwicklungsprozessen der Figuren und Selbstironie auf.
In seiner ebenso umfangreichen wie messerscharfen Analyse beleuchtet Christoph Mayr am Beispiel des Glühlampenverbots exemplarisch die Manipulierbarkeit der undurchsichtigen EU-Strukturen
In etwas zu gediegenen Bildern erzählt Christoph Stark in »Tabu – Es ist die Seele ein Fremdes auf Erden« von der Liebe zwischen dem Dichter Georg Trakl und seiner Schwester Grete. Aber die Leidenschaft, mit der sich Lars Eidinger und Peri Baumeister in dieses Wälsungenblut-Paar versenken, ist mächtiger als Starks allzu fernsehkompatibles Kunstgewerbe
Die souveräne Regie von Benoît Jacquot sorgt bei »Leb wohl, meine Königin!« auch bei historischem Thema für einen moderner Film mit lebendigen Figuren, die, jede auf ihre Art, mit einer einmaligen Umwälzung kämpfen, die sich wiederum in der ganzen Machart spiegelt
Die Blumenverkäuferin Marcela pflegt den todkranken Amador. Im Film des Spaniers Fernando Léon de Aranoa geht es um die großen Themen, um das Leben die Liebe und den Tod – und das mit einer Leichtigkeit, die ihresgleichen sucht
Das Grimmsche Märchen als Update für die Gegenwart, mit einer tapferen, selbstbewussten Heldin und einem Jäger, der zu ihrem Helfer wird. »Snow White and the Huntsman« birgt inhaltlich keine radikale Umwertung, ist aber visuell ansprechend
Die berührende Dokumentation über die Planung und Entstehung von Christoph Schlingensiefs Opernprojekt in Burkina Faso ist zugleich auch eine lebensphilosophische Reflexion über den Tod
Sacha Baron Cohen verlässt die unberechenbaren Pfade der Mockumentary und liefert einen inszenierten Spielfilm, der mit Schauspielern wie Ben Kingsley, Megan Fox und John C. Reilly prominent besetzt ist. Der anarchistische Charme des Guerilla-Filmemachens versickert im harmlosen Fäkalhumor
Eine deutsche Bergsteigerin betätigt sich als Fluchthelferin für tibetische Kinder. Schlichtes Wellness-Weltrettertum, das die Zweifel am eigenen Gut-Böse-Schematismus, die an zwei Stellen sogar geäußert werden, nicht in die schlichte Form integrieren kann
Regisseur Gerardo Olivares mischt recht überzeugend naturdokumentare Aufnahmen mit Spielfilmelementen und erzählt von einer allmählichen Integration eines Menschenkindes in die freie Natur. Kraftvolle Bilder und ein äußerst präsenter junger Hauptdarsteller stehen hier leider einer allzu überschaubaren Dramaturgie und einem sehr aufdringlichen Soundtrack gegenüber
Die Reprise des Hits »East is East« aus dem Jahr 1999 ist ein ebenso beschwingtes, komischtragisches und sehr sympathisches Multikulti-Spektakel, in dem ein muffiger britisch-pakistanischer Teenie zu seinen Wurzeln geführt wird
Madonnas zweite Regiearbeit nimmt die »größte Liebesgeschichte aller Zeiten«, die des britischen Thronfolgers Edwards II. und der geschiedenen Amerikanerin Wallis Simpson, aus der Perspektive einer New Yorkerin von heute ins romantische Visier. Ein Film, der dezidiert von Frauen und Liebe handeln will und doch unter historischen Rechtfertigungsdruck gerät

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