Kritik zu Knistern der Zeit
Die berührende Dokumentation über die Planung und Entstehung von Christoph Schlingensiefs Opernprojekt in Burkina Faso ist zugleich auch eine lebensphilosophische Reflexion über den Tod
In den ersten, verwackelten, grobkörnigen Handybildern sieht man Christoph Schlingensief in Ouagadougou, und da wirkt er schon ein bisschen so wie ein Geist. Auf der verrauschten Tonspur erzählt er davon, dass ihm diese Arbeit so viel Kraft gebe, wie er in den letzten hundert Jahren nicht bekommen habe. Es geht um das Operndorf, das er in den letzten Monaten seiner bereits stark vom Lungenkrebs bedrohten Existenz noch auf den Weg gebracht hat, ein Traum, der zugleich ein kleines Stück Unsterblichkeit ist.
Es ist ein Glücksfall für den Film über das Werden dieses Projekts, dass die freie Fernsehautorin Sibylle Dahrendorf Schlingensief schon sehr lange kennt, dass sie in den Jahren, in denen sie seine Arbeit als Reporterin begleitete, spürbar sein Vertrauen gewonnen hat. Unweigerlich wurde das Projekt auch zu einer Auseinandersetzung mit der Krankheit, einer Reflexion über den Tod, ohne dabei jedoch zu einem schwermütigen Fanal zu werden. Auch wenn man die Zeichen der Krankheit wahrnehmen kann, drängen sie sich nie in den Vordergrund, Schlingensief wirkt beschwingt, voller Ideen und spricht davon, dass ihn die Krankheit sachlicher und effizienter gemacht habe. Von der Idee über die Standortsuche, bis zu den Gesprächen mit Politikern und den Begegnungen mit Kindern, Familien, Arbeitern nimmt das Projekt langsam Form an, bis es beginnt, sich zu verselbstständigen, »wie ein Organ, das sich weiterentwickelt«. Es sollte kein Bayreuth in Afrika werden, nicht um Arien und Sinfonieorchester gehen, sondern um den kulturellen Austausch zwischen dem afrikanischen und dem europäischen Kontinent, ein lebendiger, kreativer Organismus, in dem Schule, Sportplatz und Klinik genauso wichtig sind wie das Festspieltheater, ein Haus im Sinne von Joseph Beuys’ erweitertem Kunstbegriff.
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