Kritik zu Paddington
Britischer Animationsfilm um einen peruanischen Bären, der in London nach seinen Wurzeln sucht
Er ist eine Marke, der flauschig-knuddelige Bär Paddington (Kennzeichen: roter Hut und dunkelblauer Dufflecoat), vor allem in seinem Heimatland Großbritannien, aber auch in Deutschland, wo die Kurzgeschichten von Paul Bond, zumal als Vorlesestoff, ebenfalls höchst beliebt sind. Die kleinen Geschichten aus dem Alltag einer Londoner Familie, die am Bahnhof Paddington (daher sein Name) einen – perfekt englisch sprechenden – jungen Bären aufliest und ihm, zunächst einmal auf Zeit, ein neues Zuhause bietet, verknüpft der Film zu einer runden Handlung, in der Paddington mit Hilfe der Browns herauszufinden versucht, wer der Forscher war, der einst nach Peru kam, wo er den Bären Englisch beibrachte und ihnen verkündete, dass sie in Großbritannien stets willkommen seien.
Daran erinnerten sich Paddington und seine Tante, nachdem ihre Angehörigen bei einem Erdbeben umgekommen waren. Auf der anderen Seite macht uns der Film mit einer Mitarbeiterin des britischen Naturkundemuseums bekannt, die heimlich ihrer Vorliebe frönt, Tiere auszustopfen und dabei ein besonderes Interesse an Paddington zu haben scheint. Nach dem häuslichen Chaos, das Paddington zuerst bei den Browns anrichtet, scheint es mit deren Gastfreundschaft schnell vorüber zu sein. Zumal der strenge Vater und die pubertierende Tochter, die es »peinlich« findet, einen Bären im Haus zu haben, ihrem Missfallen lautstark Ausdruck geben. Aber dann erwärmen auch sie sich für das neue Familienmitglied, Mr. Brown lässt sich sogar darauf ein (als Putzfrau verkleidet!), Paddington in einem Archiv bei der Suche nach Spuren des Forschers zu helfen, dessen Expedition aus den Annalen getilgt wurde.
Mit einem perfekt animierten Bären, der überzeugend mit den menschlichen Darstellern (darunter Sally Hawkins und Hugh Bonneville als die Browns) interagiert, mit seinem höchst präzisen komischen Timing und einer gelungenen Drehbuchkonstruktion (man achte auf die Tauben), mit Darstellern, deren Spiel von britischem Understatement geprägt ist (und deshalb im beredten Kontrast steht zur überlebensgroßen Schurkin des Films, von Nicole Kidman als skrupellose femme fatale verkörpert), funktioniert dieser Film als Komödie mit dramatischen Akzenten bestens – Family Entertainment, bei dem Erwachsene und Kinder gleichermaßen auf ihre Kosten kommen. Darüber hinaus besitzt er eine emotionale Ebene, die den Begriff Gastfreundschaft mit einem bestimmten Ereignis in der britischen Geschichte verknüpft: in der Figur des Immigranten und Antiquitätenhändlers Gruber (von Jim Broadbent im Original mit entsprechendem Akzent gesprochen), die in der literarischen Vorlage ohne diese Dimension bleibt, nimmt er Bezug – ohne das Wort auszusprechen – auf die »Kindertransporte«, mit denen im Jahr 1938 zahlreiche jüdische Kinder vor der Verfolgung und Ermordung durch die Nationalsozialisten gerettet werden konnten. So besitzt er in Zeiten der Ausgrenzung von Flüchtlingen auch einen ganz aktuellen Bezug.
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