Kritik zu Paddington in Peru

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Nicht ohne meine Orangenmarmelade: In seinem dritten Abenteuer geht der kleine Bär mit seiner Londoner Wahlfamilie im Amazonasdschungel auf die Suche nach seiner Tante und findet sein ganz persönliches Eldorado

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Paddington, der ebenso liebenswürdige wie tollpatschige Bär, verlässt in seinem neuen Filmabenteuer sein Londoner Biotop. Der Grund ist ein besorgter Brief, verfasst von der Leiterin des Altersheims im peruanischen Dschungel, in dem Paddingtons Ziehtante Lucy lebt. Paddington, nun stolzer Besitzer eines Reisepasses, will deshalb in die alte Heimat. Nach kurzer Bedenkzeit fliegt auch seine sechsköpfige Wahlfamilie Brown mit – die Kinder sind nun launische Teenager, die Mutter wird von Emily Mortimer gespielt. Das pelzige Maskottchen, das wie sonst nur »Harry Potter« und »James Bond« für »Britishness« steht, jenseits der Insel? Kann das gutgehen?

Auch das dritte Paddington-Abenteuer (nach 2014 und 2017) ist in seinem Mix aus Animation und Realfilm zumindest unterhaltsam. Werbefilmer Dougal Wilson hält sich in seinem Spielfilmdebüt zwar an das Rezept seines Vorgängers Paul King, gibt aber mächtig Gas. Ganze drei Stars, Olivia Colman als hysterisch grinsende Mutter Oberin, Antonio Banderas als leicht wahnsinniger Capitano eines Amazonasschiffes und sogar Hugh Grant, bereits in »Paddington 2« dabei, dürfen hübsch herumkaspern. Auch die Ausstatter gehen wie gewohnt in die Vollen und übertragen die leicht abgewetzte Kuscheligkeit der Londoner Schauplätze auf das Altersheim im Regenwald und das mit kolonialer Pracht ausgestattete Amazonasschiff. Filmzitate von »Fitzcarraldo« bis zu »Indiana Jones« und witzige Einfälle rund um Paddingtons Talent, aus den falschen Gründen das Richtige zu tun, sorgen für Aha-Momente. In der komplexen Handlung, in der das mysteriöse Verschwinden von Lucy eine Expedition in den Amazonas auslöst, bleibt kein Strang unverbunden.

Rückblenden auf Paddingtons Kindheit liefern nicht nur den Vorwand für halsbrecherische Action, sondern leiten über zur Identitätskrise des bärigen Sympathieträgers. Die Paddington-Filme sind eine Adaption der ab 1958 veröffentlichten Kinderbücher, die wiederum inspiriert wurden von jüdischen Flüchtlingskindern und von den Landverschickungen Londoner Kinder im Zweiten Weltkrieg. Besonders seit dem Erfolg der Filme gilt der höfliche Bär heute als Symbol des Funktionierens einer multikulturellen Gesellschaft. Diesmal wird letztlich die Trennlinie zwischen Stamm und Familie zum Thema. Heimlicher Hauptdarsteller ist erneut Papa Brown, der, von Paddington und Mrs. Brown auf den progressiven Pfad geschubst, seine Risikoaversion überwinden muss.

Der turbulente Amazonastrip ist mit seinen politischen Botschaften, aber auch mit seiner wissenden Ironie – so erweisen sich etwa Ahnengeister als Paddingtons Gegner – folglich stark an Erwachsene adressiert und dürfte das Verständnis von Kindern oft überfordern. Insgesamt ist der Film weniger als die Summe seiner gekonnt inszenierten Teile und dreht unter dem Dauerfeuer der Pointen oft im Leerlauf. Der herzige Charme der Anfänge ist dahin – doch Paddingtons Allzweckwaffe, Orangenmarmelade, schmeckt immer noch.

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