Buch-Tipp: LIFE. Hollywood.
Im Grunde ist dies schon gar kein coffee table book mehr, sondern ein kleiner Kaffeetisch mit zwei ziemlich komfortablen Fächern, in denen je ein Band ruht, im Format 25,5 mal 36 Zentimeter, also genug Platz für zwei Champagnergläser, Snackschale und Aschenbecher. Ach, als ob man Flüssigkeit, Asche oder Erdnussfett in seine edle Nähe kommen ließe, auf die makellosen Glamourgesichter von Liz Taylor auf dem ersten Band über das Studiosystem des klassischen Hollywoods und von Marilyn Monroe auf dem zweiten Band, der sich für die Abenteuer des New Hollywood, von Europa und sogar der Sowjetunion öffnet. Obwohl es so gut verarbeitet ist, dass sich das wohl auch leicht abwischen ließe, Gesamtgewicht 7,5 Kilo. Das Buch selbst ist der Star, wird wie einer präsentiert und zugleich wie ein Film, mit vielen großen Fotografen hinter der Kamera: Robert Capa, Robert Doisneau, Alfred Eisenstaedt, Bert Stern . . .
Es gibt kunstvoll arrangierte Glamourfotos, aber auch wahrhaftige Momente, in denen ein Hauch von echtem Leben durch Haarrisse in der perfekten Fassade, der makellosen Inszenierung schimmert. Es gibt home stories, Stars wie Tony Curtis und Janet Leigh mit ihren beiden Kindern, Jayne Mansfield im pinken Bad, Steve McQueen, den der Fotograf John Dominis zum Mitmachen verführte, indem er in einem schnell gemieteten Rennwagen zum Dreh erschien, Kirk Douglas in einem Jazzclub auf Recherche für »Young Man with a Horn«, opulente Partys, glamouröse Oscarverleihungen, über 600 zum Teil unveröffentlichte Fotos, Faksimiles einzelner »Life«-Seiten. Vor allem aber lieferte das Magazin (das seine Liebe zum Kino übrigens erst nach einem halben Jahr mit einem Jean-Harlow-Cover manifestierte) immer wieder eine Art Making-of, lange bevor das auf DVDs Standard wurde. »Life« bot den Lesern und Kinofans einen kostbaren Blick direkt in die Kulissen, in denen Matte Paintings gemalt wurden, ein Handwerker etwa überproportional groß den Pinsel an den Hintergrund eines kleinen Städtchens anlegt, und zahllose interessante Bildideen – wie die Aufnahme des Drehbuchautors Lamar Trotti, vor dem auf dem Boden aufgereiht zwölf Versionen eines Drehbuchs liegen, Zeugnis der Art, wie Hollywood seine Autoren triezte, nicht immer zum Vorteil der Filme.
Geradezu kongenial, wie sich hier die Geschichte Hollywoods in der Geschichte eines berühmten Fotomagazins spiegelt, und umgekehrt, fast so, als würden sie sich gegenseitig den Teppich ausrollen. Coffee-table-Bücher haben ein etwas unseriöses Image. Doch in diesem möchte man immer wieder blättern, die Anekdoten aufspüren, die treffenden Skizzen von Personen und Filmen, die Vignetten, die in wenigen Zeilen auf den Punkt kommen. Dazu gibt es im Anhang kleine Biografien der Fotografen, eine Timeline des »Life«-Magazins und ein Stichwortregister.
Life. Hollywood. Taschen-Verlag, Köln 2024. 708 S., 200 €.
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