Kritik zu Was ist schon normal?

© SquareOne Entertainment

2023
Original-Titel: 
Un p'tit truc en plus
Filmstart in Deutschland: 
05.09.2024
R: 
L: 
99 Min
FSK: 
keine Beschränkung

Mit seinem Regiedebüt, einer frechen Fish-Out-of-Water-Komödie über ein Ganovenduo, das sich in ein Ferienlager für geistig Behinderte flüchtet, gelingt dem Comedian Artus der größte französische Kassenhit seit Corona

Bewertung: 3
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Sie haben es schon wieder getan. Ganze neun Millionen Zuschauer haben in Frankreich seit März die Eintrittskarte für diese Feelgood-Komödie bezahlt. Wie machen die Franzosen das bloß? Ein Grund mag die Starpower der beiden Hauptdarsteller sein: Clovis »Asterix« Cornillac spielt einen Gauner und der Comedian Artus seinen Sohn Paul. Auf der Flucht vor der Polizei nach einem Juwelenraub schließt sich das Duo einer Reisetruppe aus geistig Behinderten an, die mit dem Bus in die Sommerfrische fahren wollen und auf den letzten Gast, Sylvain, warten. Paul, pummelig und stets leicht deppert blickend, gibt sich als Sylvain aus, Papa als sein knorriger Betreuer Orpi. Während sich die ausgelassene Truppe unter der Leitung dreier echter Betreuer in ihrem Sommerlager in den Bergen einquartiert, versucht »Orpi« verzweifelt, Handyempfang zu bekommen, um seine Ganovenfreunde zu kontaktieren. »Sylvain« wird derweil von Arnaud, einem jungen Mann mit Downsyndrom, adoptiert. Und empfindet bald mehr als Sympathie für die Hauptverantwortliche des Projektes, die hübsche Alice.

Ihre Dutzend Schützlinge werden von Menschen mit authentischen Behinderungen dargestellt. Ihren Verhaltensweisen gehört bald das Hauptinteresse der Inszenierung. In diesen improvisierten, fast dokumentarischen Interaktionen lacht man nicht über Arnaud, Alexandre, Marie, sondern vor allem über die Aha-Erlebnisse von Paul, der sich auf sie einzustellen versucht. Das ist vielleicht, im Gegensatz zu thematisch vergleichbaren, jedoch gefloppten Filmen wie »Die Goldfische« oder »Alles außer gewöhnlich« das Geheimnis des Erfolgs dieser Komödie: Menschen mit Beeinträchtigung werden durch ihre ungefilterten Emotionen, Macken und Geistesblitze zum Vergrößerungsspiegel der vermeintlich »Normalen«.

In seinem Regiedebüt agiert Artus, in der Hauptrolle des Paul, ungewöhnlich zurückhaltend. Der Comedian, der durch parodistische Sketche über Chinesen und Affen berühmt wurde, denen heute sofort der Stempel VERBOTEN aufgedrückt würde, inszeniert sich selbst als ziemlich gefinkelten Insiderwitz. Denn zu seinen Paraderollen als Comedian gehört die Figur des Sylvain, eines Mannes mit Downsyndrom.

Vieles ist unterkomplex in dieser Komödie, allen voran die engelhafte Alice – während die anderen Betreuer mit ihren kleinen Aussetzern freundlich auf die Schippe genommen werden. Insgesamt aber ist die komödiantische Bandbreite, die von leisem Humor bis hin zu krawalligen Running Gags reicht, ebenso erfreulich wie die generelle Leichtfüßigkeit, mit der Artus sowohl die muntere »Sack Flöhe«-Atmosphäre ins Bild setzt, wie auch tragische Untertöne hinsichtlich familiärer Konflikte einfließen lässt. Beim Weg zum Happy End zeigt sich, dass es hier letztlich um die Bildung einer Ersatzfamilie geht, getragen von der Erkenntnis, dass wir alle im gleichen Boot sitzen. Da diese Komödie vorab nur untertitelt zu sehen war, darf man gespannt sein, ob auch die deutsche Synchronisation – u. a. mit Luisa Wöllisch aus »Die Goldfische« – diese gute Laune einfangen kann.

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