Film des Monats Januar: »Rückkehr nach Korsika«
Kurz vor der Abfahrt der Fähre von Korsika erhält eine Mutter von zwei kleinen Kindern einen Anruf, der sie zusammenbrechen lässt. Schnitt. Diese Frau, Khedidja, kommt Jahre später mit ihren groß gewordenen Töchtern auf die Insel zurück. Sie folgt als Kinderbetreuerin ihren Arbeitgebern in die Sommerferien. Für ihre eigenen Töchter beginnt ein Sommer voller Entdeckungen. Auslöser für viele Entwicklungen ist die 15-jährige Farah (Esther Ghourou), ein bockiger Teenager, die sich gegen Alltagsrassismus auflehnt und buchstäblich Mauern überwindet, um an ihr Ziel zu gelangen. So finden sich die beiden Schwestern irgendwann im Pool der Arbeitgeber wieder, die sich prompt der älteren und braveren Schwester Jessica (Suzy Bemba), einer guten Schülerin, zuwenden. Jessica findet Zugang in sehr reiche und rein weiße Kreise und steht kurz vor dem Bruch mit ihrer Mutter und Schwester. Farah muss Wege finden, mit der strukturellen Benachteiligung schwarzer Frauen umzugehen. Und Khedidja muss sich ihrer Vergangenheit stellen . . .
Catherine Corsini (Regie und Buch) und Naïla Guiguet (Buch) gelingt es, sehr viele Geschichten in einen einzigen Sommerurlaub zu packen, ohne sich selbst oder das Publikum damit zu überfordern. Eine erste lesbische Liebe, eine neu aufkeimende Liebe, Abschiede, die Auflösung alter Familiengeheimnisse und einiges mehr werden elegant miteinander verknüpft und psychologisch fein erzählt. Besonders bemerkenswert: die Laiendarstellerin Aïssatou Diallo Sagna, die als Khedidja Sprachlosigkeit und innere »Versteinerung« überwindet. Soziale Ungerechtigkeit und andauernder Rassismus sind gleichsam der Unterbau für den Film, der durch die Wechselwirkung von individuellen und strukturellen Problemen besonders überzeugt. Und dass die Geschichte zudem sehr sehenswert ist, verdankt sich neben den tollen schauspielerischen Leistungen auch der Kameraführung und den Kulissen, die jugendlichen Lebenshunger und die Beziehungen der Protagonist:innen untereinander einfallsreich und gekonnt einfangen.
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