Amazon: »Upload« Staffel 3
© Liane Hentscher/Prime Video
In seinem Hörspiel »Gibt es Sie, Mr. Jones?« beschreibt Stanislaw Lem einen Rennfahrer, dessen Körper nach einer Reihe schwerer Unfälle komplett durch Prothesen ersetzt wurde. Schließlich wird auch noch sein Gehirn elektronisch ausgetauscht. Da der Rennfahrer im Zuge eines Karriereknicks insolvent wurde, klagte die Herstellerfirma auf Rückgabe sämtlicher Prothesen. Vor Gericht kämpft Mr. Jones nun buchstäblich um sein Leben. Er muss nämlich den Beweis erbringen, dass es »ihn« überhaupt gibt.
Dieses Gedankenexperiment aus den 1960er Jahren mag heute etwas angestaubt wirken. Doch die Amazon-Serie »Upload«, die diese Gerichtsverhandlung aus Lems Feder in wesentlichen Aspekten übernimmt, kleidet die spitzfindige Idee des polnischen Sci-Fi-Autors in eine zeitgemäße Form. In der von Greg Daniels ersonnenen schönen neuen Computerwelt geht es um den Programmierer Nathan (Robbie Amell). Nach einem lebensgefährlichen Verkehrsunfall wurde sein Bewusstseinsinhalt kurzerhand »hochgeladen«. In Staffel eins muss Nathans digitalisiertes Selbst in einem virtuellen Luxus-Resort herausfinden, wie sich posthume Ewigkeit anfühlt. Staffel zwei kehrt die Richtung um: Nathans Bewusstsein wird »downgeloadet«. Er wird zurückversetzt in einen geklonten Köper aus Fleisch und Blut. Um sein Fehlen in der virtuellen Welt zu vertuschen, stellt eine Systemadministratorin klammheimlich eine Kopie her: Nathan gibt es nun zwei Mal, leiblich und digital.
Aus dieser vertrackten Situation strickt »Upload« einen aberwitzigen Plot: In der digitalen Welt verkörpert Nathan das perfekte Accessoire für die intrigante Ingrid, eine Barbie-artige Konsumfetischistin, von Allegra Edwards erneut mit spielfreudigem Witz verkörpert. In der analogen Welt macht der biologische Nathan die Erfahrung, dass die physisch reale Beziehung zur Systemadministratorin Nora (Andy Allo) ihre eigenen Gesetze hat. Liebe altmodisch vs. Liebe 2.0: Zuweilen erinnert dieser vergnügliche Reigen amouröser Verstrickungen und (Ent-)Täuschungen an Shakespeares »Sommernachtstraum«.
Auch die dritte Staffel geizt nicht mit amüsanten Streiflichtern in den digitalen Alltag der nahen Zukunft. Kochen mit dem 3D-Drucker hat seine Tücken. Auf einer Farm melken Nathan und Nora eine 20 Meter lange Kuh mit hundert Eutern. Das Monster kann nicht mehr laufen – doch mittels VR-Brille wird dem Wiederkäuer vorgegaukelt, glücklich auf der Weide zu grasen.
Zu den humorvollen Glanzlichtern zählt die Verkörperung Künstlicher Intelligenz durch einen geistig beschränkten Liftboy. Er kann immer nur die gleichen Knöpfe drücken. KI, kein Zweifel, muss dazulernen. Doch auf der Schulbank, wo digitale Pennäler für Vieldeutigkeiten sprachlicher Ausdrücke sensibilisiert werden sollen, geht es zu wie in einem Sketch von »Monthy Python's Flying Circus«. Und so brennt auch die dritte Staffel dieser fröhlichen Dystopie erneut ein kurzweiliges Feuerwerk fantasievoll-skurriler Ideen ab.
OV-Trailer
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