Hetzt mich nicht!
22.09.2014
Die Kategorien, von denen am Anfang die Rede war, lassen sich auf zwei sehr unterschiedliche Aspekte hin untersuchen: Das eine ist die schauspielerische Technik. Was dies anbelangt, könnte man bei Ben Affleck von einer Kunst des Slow Burn sprechen, die wir vor allem aus der Komödie kennen: eine Verzögerung zwischen Aktion und Reaktion. Ein ungläubiges oder ironisches oder verzweifeltes Staunen über die Bosheit und Tücke der Welt. Aber auch ein Anspannen, eine Inversion. So wie sein Bruder Casey die Psychose verkörpert, flackernd und gefährlich, so verkörpert Ben Affleck die Neurose, eine verborgene Hemmung.
Dazu passt eine kleine Besonderheit. Beim Beobachten von Ben Afflecks Auftritten kommt eine alte, unbeantwortete Frage wieder einmal hoch: Warum zum Teufel lächeln US-Amerikaner so gern nur mit einer Hälfte des Mundes? Ist das »schiefe Grinsen«, das wir insbesondere von Westernhelden kennen, Ausdruck von Verlegenheit oder von Verachtung? Jedenfalls scheint den Trägern des schiefen Grinsens die Welt allenfalls ein halbes Lächeln wert, oder ein halbes Vertrauen, wie man es nimmt. Ben Affleck hat das schiefste Grinsen seit Richard Widmark.
Das andere, was mit der Kategorisierung der Schauspieler verbunden ist, beschreibt einen Platz in einer Sozialgeschichte der Leinwandrepräsentation: Stars schlüpfen nicht nur in Rollen und drücken dabei nicht nur vor allem sich selbst aus, Stars spiegeln auch die Wünsche, Ängste und Überzeugungen eines Publikums wider. Sie repräsentieren eine Lösung für die Widersprüche ihrer Zeit, und sie entsprechen einem Typus der gesellschaftlichen Entwicklung. In Ben Afflecks Fall mag dies der Slacker sein, schließlich hat er seine ersten Erfolge in den Filmen von Kevin Smith erzielt, der als Inbegriff des Slacker-Movie-Regisseurs gilt. Aber es ist nicht der Slacker per se, sondern gewissermaßen schon seine Krisenerscheinung. Zu einem »echten« Slacker fehlt Affleck der radikale Narzissmus.
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