Kritik zu The Riot Club
Oxford außer Rand und Band: Lone Scherfigs Drama über die Auswüchse einer zynischen Studentenverbindung
Zu Beginn von The Riot Club glaubt man noch an eine Satire: In ironisch-nostalgisch verfärbten Bildern sieht man da eine Runde exaltierter adeliger Oxford-Studenten des 18. Jahrhunderts, die zu Ehren ihres in flagranti getöteten Kommilitonen Lord Ryot einen Club gründen. Dessen erklärter Zweck: Ausschweifungen aller Art.
Aber nach dieser maliziösen Eröffnung springt die Erzählung ins Oxford der Gegenwart. Und es wird bitter ernst. Der »Riot Club« umfasst maximal zehn Mitglieder, allesamt Sprösslinge der britischen One-Percent. Die jungen Männer sind sich ihrer gesellschaftlichen Stellung äußerst bewusst: Ein im Suff vollgekotzter Sportwagen wird da nicht gereinigt, sondern gönnerhaft der Wohlfahrt überlassen. Subtiler als das wird die Symbolik leider nicht. Im Gegenteil: So unzweideutig wie der Clubname (Krawallclub) sind die schnöselhaften Studenten in ihrer tiefen Verachtung für die weniger privilegierten Klassen.
Der größte Teil der Erzählung schildert eines der traditionellen Clubdinner in einem ländlichen Gastro-Pub. Dessen Besitzer, ein ambitionierter Gastronom, ahnt nicht, dass es zur Clubtradition gehört, das Restaurant in volltrunkenem Zustand komplett zu zerstören – und als »Ehrenmänner« den Schaden sofort großzügig zu begleichen. Dieses Mal allerdings artet die Randale auf furchtbare und furchtbar symbolträchtige Weise aus: Auf der einen Seite steht da eine monströse, menschenverachtende Oberschicht, auf der anderen Seite eine rechtschaffene Arbeiterklasse. Der rotgesichtige Bilderbuchwirt und seine liebevolle Tochter wirken dabei ebenso klischeehaft wie der Standesdünkel und die Typisierung der Studenten: Es gibt den Feigling, den Opportunisten, den Intriganten. Leider entwirft Scherfig das alles nicht als Karikatur, sondern stellt den Ausschweifungen der »Reichen« allen Ernstes ein märchenhaft verklärtes Kleinbürgertum als gesellschaftliches Ideal entgegen. Eine ähnliche Haltung zeigte sich bereits in ihrem Film An Education, wo nicht die Upperclass, sondern das Leben der Bohème ein braves Arbeitermädchen beinahe ins Unglück stürzte.
»Ihr seid nicht anders als ein paar Straßengören, die Scheiben einwerfen«, sagt der Wirt einmal verächtlich. Aber bei Straßengören hätte der Film sich wohl für die sozialen Hintergründe interessiert. Hier dagegen muss allein der Reichtum als Ursache der Unmenschlichkeit einstehen. In ihrer Zerstörungswut und ihrer Verachtung für das Kleinbürgertum lässt sich von den Studenten zwar eine Linie zur britischen Punk-Bewegung ziehen. Aber auch dieser Diskurs über urbritische Reaktionen auf Repression und Klassengesellschaft bleibt ungenutzt. Da der fiktive Club an die reale Oxford-Verbindung Bullingdon Club angelehnt ist, mag der Film in Großbritannien eine gewisse Relevanz haben. Doch leider beschränkt Scherfig sich auf eher schlichte Polarisierungen und eine reißerisch überspitzte Schilderung von Symptomen, anstatt den darunter liegenden Strukturen nachzuspüren.
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