Kritik zu Be Water – Voices from Hong Kong

© Drop-Out Cinema

2023
Original-Titel: 
Be Water – Voices from Hong Kong
Filmstart in Deutschland: 
07.09.2023
L: 
92 Min
FSK: 
Ohne Angabe

Lia Erbal erinnert an die brutale Niederschlagung der Massenproteste in Hongkong im Jahr 2019 und an das ambivalente Verhalten der Europäischen Union in ihrer Chinapolitik

Bewertung: 4
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»Be Water – Voices from Hong Kong« ist ein Film der Gegensätze. Authentische Bilder einer Handykamera zeigen zu Beginn die Verfolgung eines Demonstranten durch die Hongkonger Polizei bei der »Umbrella Revolution«, den Massenkundgebungen für Freiheit und Demokratie in Hongkong im Jahr 2019. Am Ende liegt der junge Mann mit dem Kopf in einer Blutlache, während Polizisten auf ihm knien. Immer wieder tauchen im Film Handyaufnahmen brutaler Polizeiattacken auf.

»Die große Erneuerung der chinesischen Nation wird Frieden und Gerechtigkeit bringen«, so das kühle Statement des damaligen und auch derzeitigen Außenamtschefs Chinas bei einem Treffen des Asien-Europa-Forums (ASEM), das Lia Erbal diesen Bildern entgegensetzt. Jeder Versuch, diesen Fortschritt aufzuhalten, so Wang Yi in einem Interview des chinesischen Staatsfernsehens, werde »vom Rad der Geschichte zermalmt«. 

Ergänzt wird die Collage aus Fernsehbildern und Handyvideos durch comicartige Sequenzen sowie Rückenaufnahmen von einer anonym bleibenden Exilantin, der die Kamera durch Berlin folgt. Offen bleibt, ob es die Erzählerin ist oder die Filmemacherin selbst, die einzelne Passagen aus dem Off kommentiert.

Lia Erbal geht es dabei nicht nur um die Dokumentation der Gewaltaktionen gegen Demonstranten in Hongkong, sondern auch um den Spagat der Europäischen Union zwischen dem Anspruch, die Universalität der Menschenrechte zu verteidigen, und den massiven ökonomischen Interessen der Mitgliedstaaten. Ausführlich lässt der Film hier Politiker zu Wort kommen, allen voran der Grüne Europaabgeordnete Reinhard Bütikofer, der für einen illusionslosen Umgang mit China plädiert, bei dem die wirtschaftlichen Interessen nicht im Vordergrund stehen dürften. Sein Engagement brachte Bütikofer auf eine chinesische Sanktionsliste. 

Das Anliegen von »Be Water – Voices from Hong Kong« – Bestandsaufnahme der Protestbewegung und Kritik der europäischen Chinapolitik – könnte in dem essayistisch angelegten Film etwas deutlicher werden. Verdienstvoll ist, dass er in Zeiten hoher medialer Durchlaufgeschwindigkeit an die bedrückende Situation in Hongkong erinnert. Aber wenn die Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, vor dem EU-Parlament die Verteidigung der »Freiheit des Individuums« pathetisch als die »Seele Europas« feiert, während viele Abgeordnete mit ihren Smartphones beschäftigt sind – ist das eine eher verhaltene Kritik an den politischen Balanceakten und Routinen in den Brüsseler Institutionen. 

Wie der von Wang Yi beschworene »Frieden« aussieht, zeigen gegen Ende Bilder des chinesischen Staatsfernsehens: Choreographiert zu riesigen Formationen und Ornamenten huldigen die Massen beim 70. Jahrestag der Gründung der Volksrepublik China auf dem »Platz des Himmlischen Friedens« ihrem Staatspräsidenten, gleichsam eine Apotheose Xi Jinpings. »Falsche Systeme können nicht überleben«, sagt die Stimme aus dem Off am Ende. Angesichts dieser Bilder eine eher vage Hoffnung.

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