Kritik zu Eismayer
Nach einer wahren Geschichte: David Wagner erzählt von einer heimlichen homosexuellen Liebe beim Militär, zwischen knallharter Rekruten-Ausbildung und frivoler Frauenfeindlichkeit
Schon bei der Einteilung der neuen Rekruten machen sich die Offiziere einen bösen Spaß. Bei den schwächeren, aber auch bei denjenigen, denen der Widerspruch aus den Augen leuchtet, heißt es, der sei doch was für den Eismayer. Vizeleutnant Charles Eismayer (Gerhard Liebmann) ist Ausbilder beim österreichischen Bundesheer und hat den Ruf, einer der härtesten zu sein. Der kleine, glatzköpfige Soldat schenkt seinen Rekruten nichts, greift hart durch, wenn jemand Schwäche zeigt und bestraft Ungehorsam kollektiv. Sozial hält er sich zurück, fährt abends zu Frau und Kind, doch wenn die nachfragen, wo er denn so lange war, gibt er vor, in der Kaserne zu viel zu tun zu haben. In der so freigeschaufelten Zeit lebt er seine Homosexualität, heimlich in Autos oder dunklen Ecken, als Spiel der gierigen Lust, aber ohne jede Emotion. Erfüllung oder gar Glück sind nicht Teil des soldatischen Lebens.
Dann kommt der junge Mario (Luka Dimic) in seine Kompanie, der das ganz anders sieht. Der gut aussehende, immer wieder frech-frivole Mann, der offen mit seiner Homosexualität umgeht und Eismayers angsteinflößende Brutalität spöttisch ignoriert, will sich sein Leben nicht von den kriegsbeflissenen Traditionen diktieren lassen. Und von einem unglücklichen Schleifer erst recht nicht. Lieber läuft er nackt noch eine Extrarunde. Als sich Faszination zu Liebe steigert, gesteht Eismayer seiner Frau, homosexuell zu sein, woraufhin sie ihn mit dem gemeinsamen Sohn verlässt. Von seiner Krebserkrankung ahnt sie nichts. Gemeinsam mit Mario besiegt er den Krebs, doch vor den Kameraden hält er die Beziehung weiterhin geheim. Bis dieser das nicht länger akzeptieren will.
Von Homosexualität an einem Ort der forcierten Männlichkeit zu erzählen ist nicht einfach. Zu leicht rutscht man in Klischees ab, zu deutlich könnte die aufklärerische Absicht geraten. David Wagner aber erzählt seine Geschichte, die er als kleine Notiz in einer österreichischen Tageszeitung gefunden hatte, anders. Zwischen der notwendigen Härte und der ebenso intensiven Emotionalität findet er Momente von nachvollziehbarer Individualität. Statt peinlich zu werden, rettet er sich in den Witz. Die Bilder der beiden, wenn sie sich in Galauniform auf dem Kasernenhof das Ja-Wort geben, behält er dem Abspann vor. Es ist nicht unwichtig, dass dem Film eine wahre Geschichte zugrunde liegt. Denn bei jeder Einstellung schwebt die Frage im Raum, was werden die Betroffenen davon halten. Es ist erstaunlich, wie frei David Wagner unter diesen Voraussetzungen erzählt. Wie gekonnt er mit unvermeidbaren Peinlichkeiten umgeht und sich nicht scheut, Gefühlen Raum zu geben. Er inszeniert den Kasernenhofdrill mit dem festen Wissen, dass militärische Ausbildung so oder so ähnlich überall auf der Welt vonstattengeht. Und er weiß, dass es dort keinen Platz für Liebe gibt. Und so liegt es auch an dem, grandiosen Spiel von Gerhard Liebmann und Luka Dimic, dass man es ihnen abnimmt, wenn aus dem hasserfüllten Widerstand eine Liebesbekundung wird.
Ihre Meinung ist gefragt, Schreiben Sie uns