Kritik zu Der Illusionist

© Real Fiction Filmverleih

2022
Original-Titel: 
Der Illusionist
Filmstart in Deutschland: 
27.04.2023
FSK: 
Ohne Angabe

Birgit Schulz wirft in ihrem Dokumentarfilm über den Fall Helge Achenbach Fragen über den deutschen Kunstmarkt und die großen Umbrüche der Branche im Allgemeinen auf

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»Der Sturz des Adlers« titelte die »Welt am Sonntag«, »Früher High-Society, jetzt Gitter, bitter!« der »Express«. Die Aufregung galt dem Kunstberater und Edelgastronomen Helge Achenbach, der 2014 am Flughafen von Düsseldorf verhaftet wurde. Im Metier des Art Counseling für die Reichsten des Landes soll er seine KundInnen durch verdeckte Preisaufschläge in Millionenhöhe betrogen haben. Dies brachte ihm sechs Jahre Haft ein, aus der er 2018 nach zwei Dritteln der Zeit entlassen wurde.

Birgit Schulz ist eine erfahrene Kölner Dokumentaristin, die seit 1993 Filme zu relevanten Themen produziert und 2009 mit »Die Anwälte« besondere Aufmerksamkeit gewonnen hat. Ihre letzte Regiearbeit war 2015 ein Porträt des WDR-Nachttalkers »Domian«. Der in der Köln-Düsseldorfer Kunstszene angesiedelte Fall Achenbach passt nicht nur wegen des rheinischen Lokal-Glamours gut ins Portfolio. Die Geschichte zwischen Kunst, Jetset und Millionendeals markiert auch den Punkt, an dem der Kunstmarkt unumkehrbar von der Liebhaberei zur Spekulation wurde und das ganz große Geld anzog.

»Der Illusionist« erzählt dies aus der persönlichen Perspektive: vom Wunsch eines umtriebigen junges Mannes, sein Talent zum Menschenfang lieber aktiv »draußen« einzusetzen, als in der Galerie auf Kundschaft zu warten; von der Idee, den Bauherren der damals wuchernden Geschäftsneubauten Konzepte für die prestigeträchtige künstlerische Aufwertung anzubieten; vom Erfolg, der sich schnell einstellte; und von der Verschiebung in den privaten Bereich, wo der Dealer in seinen Restaurants mit der internationalen Society feierte.

Schulz inszeniert den von 3sat koproduzierten Film konventionell mit ausführlichen Gesprächen mit Achenbach und Statements von – durchaus kritischen – Wegbegleitern wie dem Künstler Heinz Baumüller oder der Kölner Galeristenlegende Rudolf Zwirner. Dazu Fotostrecken von Glamour-Partys mit Geschäftspartnern und Archivmaterial aus der Jugend und dem Düsseldorfer Kunstmilieu der 1970er. Integriert auch Szenen eines RTL-Films, der nach der Verhaftung abgebrochen wurde. Da führt Achenbach 2013 stolz ein Filmteam durch das riesige Lager der »Achenbach Art Consulting« mit 2 500 Werken renommierter Künstler – das nach der Verurteilung versteigert wurde.

Stolz klingt ebenfalls durch, wenn er später den Galerien »Neid ohne Ende« zuspricht. Als unverbesserliche Rampensau genießt auch der haftentlassene, sich geläutert gebende Achenbach sichtlich die Aufmerksamkeit für alte Geschichten und neue Projekte: Im Gefängnis hat er selbst mit dem Malen begonnen. Und auf seinem neuen Domizil, einem Bauernhof bei Düsseldorf, soll ein großer Skulpturenpark mit Arbeiten geflüchteter KünstlerInnen wachsen. 

Birgit Schulz' Film gibt Achenbachs Selbstinszenierung als reuiger Sünder durch andere Stimmen zwar ausreichend Contra, räumt seinen breit angelegten Schilderungen aber dennoch im Gesamtkonzept zu viel Raum ein. Und die »Homestory« aus der JVA Essen hätte wirklich nicht sein müssen.

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