Kritik zu Bullet Train
In David Leitchs Adaption eines japanischen Bestsellers jagen viele Killer aus der ganzen Welt in einem Hochgeschwindigkeitszug einem Koffer mit Geld hinterher
Lange Haare, Dreitagebart und der entwaffnend jungenhafte Charme eines lässig verschmitzten Lächelns: Dieser Typ muss niemandem mehr etwas beweisen. Das gilt für den Schauspieler Brad Pitt genauso wie für den Auftragskiller mit dem Decknamen Ladybug, den er in »Bullet Train« spielt. Nicht ganz so lässig, sondern eher ein bisschen zu geschwindigkeitsfanatisch und überdreht hakenschlagend geht David Leitch, ehemals Stuntman von Brad Pitt, jetzt sein Regisseur, an die Verfilmung von Kōtarō Isakas Roman »Maria Beetle« heran. Schon in seinen früheren Regiearbeiten »Atomic Blonde«, »Deadpool 2« und »Fast & Furious: Hobbs and Shaw«, und als Koregisseur des ersten »John Wick«-Films war klar, dass er mit der Sensibilität eines Stuntmans ans Geschichtenerzählen herangeht, sich also vor allem für Drive und Action interessiert. Aber von Brad Pitts jungenhaftem Charme kann man sich zu dieser Achterbahnfahrt schon verführen lassen, oder besser zum rasanten Trip im Bullet Train.
Schnell und zielstrebig wie eine abgefeuerte Kugel rast der japanische Shinkansen-Zug auf der Strecke zwischen Tokio und Kyoto mit 320 km/h durchs Land und wird darum auch Bullet Train genannt. Geschichten, in der Regel Krimis, die sich in fahrenden Zügen und Bussen oder fliegenden Flugzeugen entfalten, haben eine lange Tradition im Kino. Geschlossener Raum und Geschwindigkeit grenzen die Bewegungsfreiheit ein und erhöhen die Spannung. Parallel zum Tempo des Hochgeschwindigkeitsschauplatzes nimmt auch die Handlung Fahrt auf. Es sollte ein kinderleichter Job sein, für einen müden Auftragskiller nach der Therapiepause, einfach nur einen silbernen Koffer voller Geldscheine abholen und dem Auftraggeber aushändigen.
Natürlich ist der Koffer nur der McGuffin, dem viele Parteien hinterherjagen, der Motor, der einen aberwitzigen Handlungsreigen auslöst und atemlos weitertreibt. Im Zug wimmelt es geradezu von konkurrierenden Killern aus Russland, Japan und Amerika, die es teils im Auftrag, teils aus Rache, teils aus Geldgier auf den Koffer abgesehen haben.
Unter dem exzessiven Einsatz von Fäusten, Revolvern, Schwertern und Giftschlangen kreuzen sich ihre Wege in engen Gängen und Abteilen mehr oder weniger gewalttätig. Angesichts der Fülle des Personals bleibt wenig Raum für Figurenzeichnung oder gar Charakterentwicklung, stattdessen donnern die Figuren eher wie Billardkugeln gegeneinander, um dann im Überlebensfall weiterzurollen. Zusammen mit den schlagfertig amüsanten Dialogen, einem illustren und diversen Ensemble schillernder Stars und Nebendarsteller (neben Brad Pitt u. a. Aaron Taylor-Johnson, Brian Tyree Henry, Michael Shannon, Andrew Koji sind in Cameos auch noch Channing Tatum, Sandra Bullock und Ryan Reynolds zu sehen) und einer Fülle eingeschobener Rückblenden wirkt das wie eine Achterbahnversion der ausgeklügelten Handlungschoreografien von Quentin Tarantino, durchaus amüsant, aber auch leicht ermüdend.
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