Disney+: »Moon Knight«
© Marvel
Steven Grant arbeitet im Londoner Museum – nur als Verkäufer im Museumsshop, obwohl er doch über bemerkenswerte Kenntnisse in Ägyptologie verfügt. Sein Hinweis, dass das Plakat zur laufenden Ägypten-Ausstellung einen gravierenden Fehler enthält – es müssten neun statt der abgebildeten sieben Götter sein – interessiert seine Vorgesetzte denkbar wenig. Mit ägyptischen Göttern bekommt es Steven schneller zu tun, als ihm lieb ist.
Seine nächtlichen Schlafstörungen und Visionen erreichen eine neue Dimension, als er mit schmerzenden Gliedern im Besitz eines goldenen Skarabäus auf einer Alpenwiese aufwacht. Der weckt das Begehren vieler, vor allem eines Mannes namens Arthur Harrow, Führer eines Kultes, der damit die Göttin Ammit zum Leben erwecken will und zudem Menschen tötet, weil sie sonst in der Zukunft Verbrechen begehen würden. Und dann ist da noch eine Stimme in Stevens Kopf, die ihm fortwährend Anweisungen gibt. Die gehört Marc Spector, einem früheren Söldner, jetzt als Moon Knight der Avatar des ägyptischen Mondgottes Khonshu. Der hat sich zum Gott der Rache aufgeschwungen und sich deshalb mit den restlichen Göttern entzweit. Khonshu will die Menschheit vor der Göttin Ammit retten. Arthur Harrow allerdings behauptet das Gegenteil.
Steven und Marc leben im selben Körper: sich zu einigen, wer in einem bestimmten Moment das Sagen hat, ist ziemlich anstrengend. Zumal sie vollkommen gegensätzlich sind, Steven friedfertig und vegan, Marc draufgängerisch und skrupellos. Das sorgt sowohl für dramatische wie komische Situationen, zumal Steven von seiner Superheldenidentität noch gar nichts weiß. Dass Oscar Isaac beide Charaktere mit Überzeugung verkörpert, ist ein großes Plus der Serie und schafft eine schöne Ambivalenz. An beider Seite taucht dann auch noch die Ägyptologin Layla auf, die Ex-Frau von Marc.
Aus dem MCU kennt man Moon Knight bisher nicht; in den Marvel Comics hatte er seinen ersten Auftritt 1975, eine eigene Serie existiert seit 1980 – den Fans ist er also vertraut.
Mit der Verpflichtung des ägyptischen Filmemachers Mohamed Diab (»Clash«) unterstreicht Disney einmal mehr seinen Anspruch auf Diversität, Diab inszenierte vier der sechs Folgen, für die Episoden 2 und 4 zeichnet das Duo Justin Benson & Aaron Moorhead, bekannt für eigenwillige Science-Fiction wie »The Endless«, verantwortlich, der Hauptautor ist Jeremy Slater (»Umbrella Academy«).
Das Drehbuch ist allerdings der Schwachpunkt der Serie, die sich nach der Etablierung der Dualität des Protagonisten auf »Indiana Jones«- und »Die Mumie«-Terrain begibt, wobei die Attraktivität der malerischen Schauplätze die Schlichtheit der Handlung nur bedingt überdeckt, während Khonshu als skelettierter Raubvogelkopf auf menschlichem Körper doch sehr stark an die Puppenfiguren von Frank Oz erinnert. Immerhin aber gibt es am Ende der vierten Folge (mehr war vorab nicht zu sehen) einen hübschen Twist, der eine neue Dimension eröffnet.
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