Amazon: »Master«
Dass ein College-Campus das ideale Setting für einen Horrorfilm darstellt, ist keine neue Erkenntnis. Vom Sorority-Haus in »Black Christmas« über Abel Ferraras »The Addiction« und »Scream 2« bis hin zu »Düstere Legenden« oder »Happy Deathday« findet das Grauen schon lange seinen Weg immer wieder an die Uni. In »Master«, dem Langfilmdebüt der Regisseurin Mariama Diallo, ist das nun nicht anders – und doch hat ihr Werk nur bedingt etwas mit den Genannten gemein.
Für Jasmine (Zoe Renee) steht der Beginn ihres Studiums am prestigeträchtigen (und fiktiven) Ancaster College – einer Elite-Einrichtung fast so alt wie die Vereinigten Staaten selbst – unter keinem guten Stern. Als Woman of Color unter überwiegend weißen Kommiliton*innen erlebt sie von Tag eins an Ignoranz und dumme Sprüche. Das wäre vielleicht noch zu ertragen, doch dann erfährt sie, dass ihr Zimmer im Studentenwohnheim womöglich von einem Geist heimgesucht wird. Einst hat sich dort ein Mädchen, vermeintlich von einer Hexe verfolgt, um exakt 3.33 Uhr nachts erhängt.
Während Jasmine zusehends besessen den Spuren dieses Selbstmordfalls nachgeht und parallel die Konfrontation mit einer Professorin (Amber Gray) sucht, der ihre Hausarbeit über »Der scharlachrote Buchstabe« im Kontext der Critical Race Theory nicht gefällt, hat Gail Bishop (Regina Hall) durchaus ähnliche Sorgen. Sie ist die erste schwarze Frau, die als sogenannter Master das College leitet, und in ihrem Kollegium ebenfalls eine Ausnahmeerscheinung. Auch in ihrem neuen Zuhause scheint es zu spuken, klemmen die Schlösser und wimmelt es plötzlich unerklärlicherweise von Maden, während ihr Urteil in Lehrstuhlfragen eher als exotisch denn als ebenbürtig angenommen wird.
Ähnlich wie »Get Out« oder »Candyman« nutzt auch »Master« Elemente des Horrorgenres, um über Rassismuserfahrungen und von Generation zu Generation weitergegebene Traumata aus afroamerikanischer Perspektive zu erzählen. Dadurch, dass sie zwei verschiedene Protagonistinnen in den Fokus nimmt und auch auf reale Fälle der vergangenen Jahre verweist (etwa den der Dozentin Rachel Dolezal, die sich fälschlich als schwarz ausgegeben hatte), nimmt sich Diallo – die übrigens selbst in Yale studiert hat – dabei mitunter etwas viel vor und malt ihr Bild hier und da mit etwas zu grobem Pinselstrich.
Doch was das Grauen und Unbehagen angeht, das hier ohne allzu viele Schreckmomente oder gar Blutvergießen auskommt, ist »Master« auf eindrückliche Weise gelungen. Vom verkrampften Professor*innen-Small-Talk samt unpassenden Vergleichen bis hin zur Studiparty, bei der die weißen Jungs inbrünstig mitsingen, wenn in Rap-Songs das N-Wort vorkommt, vermittelt die Regisseurin einen unter die Haut gehenden Eindruck davon, was eine schwarze Frau in der akademischen Welt der USA auch heutzutage noch zu ertragen hat. Verlassen kann sie sich dabei neben der Arbeit von Kamerafrau Charlotte Hornsby und Komponist Robert Aiki Aubrey Lowe nicht zuletzt auf ihre gewohnt starke Hauptdarstellerin Regina Hall, der Hollywood auch nach 25 Jahren überzeugender Arbeit immer noch zu wenig Aufmerksamkeit schenkt.
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