Disney+: »A Teacher«
»A Teacher« (Serie, 2020). © Chris Large / FX
Natürlich weiß jede Lehrerin und jeder Lehrer, dass ihre Schülerschaft tabu ist, wenn es um romantische Gefühle und sexuelles Verlangen geht. Auch Claire Wilson (Kate Mara, House of Cards) ist sich dessen sehr bewusst – und weiß auch, dass sich daran nichts ändert, wenn ein Schüler wie Eric Walker (Nick Robinson aus »Love, Simon«) immerhin schon 18 Jahre alt ist. Deswegen ist die Englischlehrerin, die in der in sich abgeschlossenen Miniserie »A Teacher« gerade an einer neuen High School angefangen hat, auch selbst einigermaßen irritiert, wenn nicht gar schockiert, als sie nach einer angenehmen Begegnung abseits des Schulgeländes prompt einen erotischen Traum von ihrem Schüler hat.
Auch Eric, der gleichermaßen sympathisch-beliebter Draufgänger wie besonnen-vernünftiger Sohn einer alleinerziehenden Mutter ist, findet Gefallen an der jungen, attraktiven Lehrerin, die ihm sogar in ihrer Freizeit noch Nachhilfe für einen besseren Abschluss gibt. Die beiden verknallen sich ineinander, und als es zum ersten Kuss kommt, schrillen bei Claire, deren Ehe mit College-Freund Matt (Ashley Zukerman) ein wenig eingeschlafen scheint, noch die Alarmglocken. Doch lange wehren sich die beiden nicht gegen den Reiz des Aufregenden und Verbotenen, sondern beginnen eine heimliche Affäre, die auf Dauer natürlich nicht gut gehen kann.
Schöpferin und Showrunnerin Hannah Fidell hat sich für »A Teacher« von ihrem eigenen gleichnamigen Spielfilm-Regiedebüt, das 2013 bei Festivals von SXSW bis Oldenburg höchstens verhaltenes Echo auslöste, inspirieren lassen. Vom hysterischen Skandalgeschrei, das vergleichbare Fälle (zumal bei dieser Rollenverteilung) in der Realität oft begleitet, hält sich die Serie bewusst fern. Die zehn halbstündigen Folgen konzentrieren sich ganz auf das Paar im Zentrum der Geschichte, mal aus Claires, mal aus Erics Perspektive. Gerade in den ersten fünf Episoden, die vom Kennenlernen der beiden und den geradezu unbeschwerten Anfängen ihrer Beziehung erzählen, kommen ihr Umfeld oder gar eine moralische Beurteilung des Geschehens immer nur eher am Rande vor. Als die Sache schließlich auffliegt, überspringen Fidell und ihre Mitautor:innen relativ schnell die unmittelbaren juristischen und emotionalen Konsequenzen, um in den letzten Folgen aber die Nachwehen der vermeintlichen Liebesbeziehung zu beobachten. Robinson (der gerade noch jung genug aussieht, um ein weiteres Mal als Teenager durchzugehen) und vor allem Mara meistern ihre nicht unbedingt einfachen Rollen mit sehenswerter Bravour, und die Intimität und Zurückhaltung, mit der »A Teacher« vorgeht (Kamera: Quyen Tran), sorgt dafür, dass die Serie kaum jemanden vor den Kopf stoßen dürfte. Allerdings lässt sich – auch mit Blick auf die finalen Szenen am Schluss – nicht leugnen, dass einer solchen Geschichte (die im Binge-Format besser funktioniert als im Wochenrhythmus) ein wenig mehr erzählerischer Mut oder Wille zu Provokation gar nicht schlecht bekommen würde.
OV-Trailer
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