Kritik zu Love, Simon
Eine Highschool-Comedy mit schwulem Helden im Zentrum; Greg Barlantis Film holt das Thema Homosexualität endgültig in den Mainstream, was sich als zwiespältige Errungenschaft herausstellt
Jung und verliebt zu sein, das kann ganz schön kompliziert werden. Erst recht, wenn man sich darüber klar wird, dass man schwul ist. Die ganz normalen Verwirrungen des Gefühls, all die Heimlichkeiten und Missverständnisse, wer liebt wen, wer sendet welche Signale, wie falsch werden sie interpretiert, verschärfen sich zusätzlich, wenn man sich nicht für das andere, sondern für das eigene Geschlecht interessiert. Sweet Seventeen, das ist die magische Grenze der sexuellen Identitätsfindung, zuletzt wurde sie flirrend eingefangen von Monja Art in »Siebzehn« und André Techiné in »Mit Siebzehn«. In beiden Filmen wurde das Coming-out nicht als Drama, sondern als intimer Selbstfindungsprozess thematisiert. Und der Italiener Luca Guadagnino hat es mit seiner schwulen Sommerliebe »Call Me By Your Name« immerhin schon bis zu den Oscars geschafft. Nach den Arthouse-Filmen ist das Thema mit Greg Berlantis »Love, Simon« nun im Mainstream des amerikanischen Kinos angekommen, in Form einer romantischen Highschool-Komödie. Berlanti, der sich vor allem als Serien-Produzent (von »Dawson's Creek« über »Political Animals« bis zu »Arrow« und »Supergirl«) einen Namen machte, wagte sich im Übrigen schon vor 18 Jahren in seinem Debütfilm »Der Club der gebrochenen Herzen« an die Kombination von romantischer Komödie und schwuler Lebenserfahrung von Twentysomethings.
Im Grunde lebt Simon (Nick Robinson) in einem unkomplizierten Umfeld: er hat verständnisvolle Eltern (Jennifer Garner und Josh Duhamel), ist Teil einer bunten Freundesclique (Katherine Langford, Alexandra Shipp, Jorge Lendeborg Jr.) und hätte bei einem Coming-out wohl eher nichts zu fürchten. Dennoch hadert er damit, sein Schwulsein offiziell zu machen.
In dieses Spannungsfeld platzt der anonyme Blogeintrag eines Schulkameraden, der unter dem Pseudonym Blue offen über seine Gefühle für Jungs spricht, vor allem aber auch über die Belastung, mit diesem Geheimnis zu leben. Die ehrlichen Zeilen treffen mitten ins Innerste von Simon; ebenfalls unter einem Codenamen beginnt er einen E-Mail-Dialog. Während in den E-Mails zarte Liebesbande geknüpft werden, sucht Simon nach Hinweisen auf die Identität des Jungen, landet aber immer wieder auf der falschen Fährte. Wie um das Karussell der Gefühle weiter zu beschleunigen, wird er von seinem Klassenkameraden Martin (Logan Miller), der seinem Geheimnis auf die Spur gekommen ist, erpresst. Widerwillig lässt er sich darauf ein, ihn mit einer seiner besten Freundinnen zu verkuppeln und löst damit allerlei holprige RomCom-Verwicklungen aus. Am sympathischsten ist der in weiten Strecken schwerfällig erzählte Film immer dann, wenn sich Vorurteile und Klischees in der komödiantischen Reibungswärme auflösen, wenn der niederträchtige Erpresser liebenswerte Seiten offenbaren darf und schwule Verhaltensmuster infrage gestellt werden. Zur Deckung kommen Fantasie, Realität und Geheimnis aber erst am Ende, wenn der Titelheld seine letzte E-Mail tatsächlich mit »Love, Simon« unterzeichnet.
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