Kritik zu Unser Boden, unser Erbe
Marc Uhlig will über die wahre Grundbedingung unseres Lebens, die Bestellung des Bodens, aufklären und stellt heraus, dass unser Essen nicht im Supermarkt gemacht wird
Man kann es nicht oft und deutlich genug sagen: Die Landwirtschaft, die eigentlich dazu da sein sollte, unser Leben zu sichern, ist auch die Ursache unseres Untergangs. Und dieser steht sichtbar bevor. Noch 60 Ernten, das wollen einige Wissenschaftler herausgefunden haben, bleiben uns, dann wird der Ertrag der Böden für die Welternährung nicht mehr ausreichen. Diese Warnung dekliniert Marc Uhlig in seinem Dokumentarfilm »Unser Boden, unser Erbe« durch, aber ohne wirklich zu erklären, warum.
So zeigt er eine emotional eindringliche Sarah Wiener, einen besinnlich mit den Fingern in der Erde grabenden Demeter-Bauern und einige Agrarwissenschaftler, denen aber nicht genug Zeit bleibt, ihre Thesen auszuführen. Auch dass Kulturen, wie die der Osterinseln, letztlich daran zugrunde gingen, dass sie Landwirtschaft betrieben, bleibt mehr Behauptung, als dass es belegt würde. Stattdessen schiebt Uhlig Zahlentafeln zwischen die Bilder, wo es einen Offkommentar gebraucht hätte, um die Zusammenhänge tatsächlich zu verstehen.
Dass in den 50er Jahren 25 Prozent der Deutschen in der Landwirtschaft beschäftigt waren und jeder mit seiner Arbeit für die Ernährung von zehn Menschen sorgte, während heute drei Prozent für 155 Menschen sorgen, klingt alarmierend, sagt aber doch wenig über die Struktur dieser Höfe. Dagegen kommt, sympathisch und immer wieder, der Biobauer zu Wort, der sein Unkraut lieber mit der Hand ausreißt, als zu spritzen, und betont, dass so die Arbeit, »noch Spaß macht«. Landwirtschaft ist ein hartes Geschäft, nicht nur deshalb, weil wir nicht bereit sind, einen angemessenen Preis für unser Essen zu bezahlen.
Noch vor wenigen Jahren gaben wir ein Viertel unseres Einkommens für Essen aus. Heute sind es gerade mal noch zehn Prozent. Die Andeutung, dass so keine anständige Qualität zustande kommen kann, bleibt unkommentiert im Raum stehen. Den Konsumenten fehlt es vielfach an Verständnis – Filme wie dieser sollten hier Abhilfe leisten. Aber auch hier ist es wie bei so vielen Dokumentarfilmen: dass sich der Kunstanspruch vor die Botschaft schiebt und man sich von der Fernsehdokumentation, die alles haarklein erklärt, durch den Verzicht auf Offkommentare absetzen will. Viele Fragen bleiben so notgedrungen unbeantwortet: Warum zum Beispiel kommt der Torf, in dem die Demeter-Zwiebelsetzlinge stecken, aus China? Warum kann die baden-württembergische Gemeinde Meßkirch Gülle und Kunstdünger verbieten, andere jedoch nicht? Und wie ist der Biobauer finanziell aufgestellt? Vor allem aber: Was kann man tun als Einzelner, als kleines Rad im System?
Es braucht Erklärungen, um wirklich etwas zu ändern. Zu befürchten ist, dass sich die meisten Menschen nicht gern belehren lassen und weiterhin in den Discounter gehen. Aber eines zumindest schafft dieser Film. Er öffnet die Augen für die Hintergründe der so unterschiedlich daliegenden Äcker, schafft Respekt für Landwirte und zeigt, dass unser Essen eben nicht im Supermarkt gemacht wird.
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