Kritik zu The High Note
Nisha Ganatra (»Late Night«) hat erneut einen Film gedreht, der in der leichten Verpackung einer oberflächlichen romantischen Komödie durchaus reale Konflikte in den Karrieren zweier Frauen verhandelt
Wer als persönlicher Assistent in der Unterhaltungsbranche anheuert, tritt in der Regel einen Job mit überschaubarer Halbwertszeit an. Entweder, weil Verfügbarkeit rund um die Uhr und das bedingungslose Unterwerfen unter die Ansprüche des Bosses nicht jedermanns Sache sind, schon gar nicht über einen längeren Zeitraum. Oder weil das Assistenten-Dasein ohnehin nur der erste Schritt in Richtung eigener beruflicher Ziele ist. Und manchmal, so zeigt es »The High Note«, gilt auch beides gleichzeitig.
Maggie (Dakota Johnson) hält es schon eine ganze Weile als Assistentin aus, was fast erstaunlich ist, wenn man bedenkt, wie ihre Chefin, die erfolgreiche R&B-Diva Grace Davis (Tracee Ellis Ross), sie behandelt. Wäsche aus der Reinigung holen, Taschen zum Auto tragen, bloß nicht die falsche Smoothie-Mischung aus der Saftbar mitbringen – so viel versteht sich von selbst. Es kann aber auch passieren, dass mitten in der Nacht ein Anruf kommt und Grace von ihrem Date mit Michael B. Jordan abgeholt werden möchte. Wofür es natürlich noch nicht einmal Dankbarkeit gibt, schließlich weiß Grace kaum den Nachnamen ihrer engsten Mitarbeiterin. Dass Maggie trotzdem ausharrt, liegt nicht nur daran, dass sie seit Kindheitstagen ein großer Fan der Sängerin ist. Sie will ihren Job vor allem als Sprungbrett nutzen für eine Karriere als Musikproduzentin. Graces Manager (Ice Cube) macht keine Anstalten, ihr diesbezüglich eine Chance zu geben. Doch als sie ausgerechnet im Supermarkt den gleichermaßen charmanten wie talentierten Musiker David (Kelvin Harrison jr.) kennenlernt, tut sich eine unerwartete Chance auf.
Johnson und nicht zuletzt Harrison jr. (aktuell auch in »Waves« und demnächst in »The Photograph«) zu sehen, ist eine große Freude, doch das Romcom-Element ist in »The High Note« eher Nebensache. Genauso übrigens wie die Musik: Dafür, dass der Film in der Musikszene von Los Angeles angesiedelt ist und mit einem hörenswerten, von R&B-Experte Rodney Jerkins produzierten Soundtrack aufwartet, spielen die von Ross und Harrison jr. selbst gesungenen Songs eine erstaunlich kleine Rolle.
Vor allem ist »The High Note«, wie bereits Nisha Ganatras vorheriger Film »Late Night«, ein Film über die beruflichen Ambitionen zweier Frauen. Mindestens so spannend wie Maggies Gehversuche in einer Männerdomäne ist dabei Graces Ringen um die Deutungshoheit über die eigene Karriere. Szenen wie die, in der sie sich von einem Raum voller Männer kaum verklausuliert sagen lassen muss, dass sie zu alt sei für Neues und sich besser auf »Greatest Hits«-Alben und Las Vegas-Engagements beschränken solle, gehören zu den interessantesten des ganzen Films. Nicht zuletzt angesichts der enormen komödiantischen Fähigkeiten von Ross, die bislang kaum je im Kino besetzt wurde, aber dank »Girlfriends« oder »Black-ish« eine feste Größe in der amerikanischen Sitcom-Landschaft ist, hätte man sich allerdings gewünscht, das Drehbuch würde ein paar zündende Gags mehr auffahren. Doch kurzweilige Unterhaltung bietet »The High Note« allemal.
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