Kritik zu Weitermachen Sanssouci

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Nach dem Kunstbetrieb in »Ich will mich nicht künstlich aufregen« widmet sich Regisseur Max Linz in seinem zweiten parabelhaften Spielfilm dem Universitätsmilieu zwischen Experiment und Selbstausbeutung, Bildungsfreiheit und Drittmitteln

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Zu Beginn erklärt eine Offerzählerin, dass die Erde nicht die »ideale Gestalt einer Kugel« habe, sondern eher die Form eine Kartoffel. Dann geht es an den Ort des Geschehens: Die (fiktive) Berliner Universität, den Kartoffelacker der Erkenntnis.

Hier lehrt die von ihren Idealen noch nicht ganz befreite Phoebe Phaidon (Sarah Ralfs) am Institut für Kybernetik zur Simulationsforschung, während Institutsleiterin Brenda Berger (Sophie Rois) den Karren ihres finanziell angeschlagenen Ladens mit einem wirtschaftlich geförderten Projekt aus dem Dreck zu ziehen versucht. Darin soll es um die virtuelle Simulation des Klimawandels gehen. Für die anstehende Evaluation wird eine Unternehmensberaterin (Maryam Zaree) eingestellt, die von »Catchphrases« und »Pitches« spricht. Und der Stiftungsprofessor Alfons Abstract-Wege (Bernd Moss) testet ein Verhaltensprojekt zur Ernährungskontrolle in der Mensa. »Nudging« ist sein Rezept zur Weltverbesserung.

»Weitermachen Sanssouci« klingt nach bitterböser und brandaktueller Satire. Regisseur Max Linz will in seinem zweiten Langfilm nach »Ich will mich nicht künstlich aufregen« vieles aus dem Wissenschaftsbetrieb aufs Korn nehmen: den Neoliberalismus, der Einzug hält in den Hort des Wissens und ein Konkurrenzsystem befördert, das Hochschulen peu à peu in privatunternehmerische Abhängigkeiten zwingt (Stichwort: Drittmittelprojekte); die prekären Arbeitsverhältnisse; die Entwertung des Studiums, die dazu führt, dass man nach dem Masterabschluss als Sekretär des Sekretärs arbeitet, um noch einen Master zu machen und schließlich als promovierter 52-Jähriger keine Stelle zu bekommen, wie es einmal heißt; und natürlich auch die Studierenden selbst, wenn die sich mit Besetzer-Attitüde in der Bibliothek einnisten.

All das wird allerdings derart plakativ abgefrühstückt, dass der Film wie eine Aneinanderreihung von Klischees wirkt. Auch die Figuren sind eher Schablonen ihrer selbst, zwischen Langeweile und Affektiertheit agierend. Von Scharfzüngigkeit und Biss kann jedenfalls nicht die Rede sein, die Aussagen zur »rosigen« Zukunft nach dem Studium sind da schon die Kirsche auf der Torte. Satire? Fehlanzeige!

Diese Oberflächlichkeit ist Strategie. Inspiriert ist der Film von der Inschrift auf Herbert Marcuses Grabstein, auf dem der Denker der Kritischen Theorie post mortem »Weitermachen« appelliert. Linz übersetzt dieses Mantra gegen alle Widrigkeiten, indem er den Wissenschaftszirkus als pseudoproduktives Perpetuum mobile zeigt, das immer weitermacht. Immer, und heute eben, wie auch unsere Gesellschaft, nach dem Motto »Style over content«. Eine gute Idee, die nicht wirklich aufgeht.

In einigen wenigen Szenen blitzt durch, wohin Linz' Film hätte gehen können. Etwa als die streikenden Studierenden in der Bibliothek ihre Hymne anstimmen: »Warum kann es hier nicht schön sein, und warum werden wir nicht froh?«, heißt es im Refrain des Liedes, das unserer Gesellschaft mit zarter Melancholie und Augenzwinkern den Spiegel vorhält.

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