Kritik zu Born in Evin

© Real Fiction Filmverleih

2019
Original-Titel: 
Born in Evin
Filmstart in Deutschland: 
17.10.2019
L: 
96 Min
FSK: 
Ohne Angabe

Wer ist schon in einem Gefängnis geboren? Maryam Zaree erkundet die Geschichte ihrer Eltern, die nach dem Sturz des Schahs im Iran im Gefängnis saßen

Bewertung: 3
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Evin ist ein Ort, über den niemand sprechen möchte. »Das Schweigen ist Teil unserer Geschichte«, sagt einmal jemand. In dem bekanntesten iranischen Gefängnis wurden nach der Revolution ab 1979 vor allem politische Gefangene auf das Übelste drangsaliert. Genau dort, mitten im Schweigen, kam Maryam Zaree 1983 zur Welt. In ihrem Debütfilm »Born in Evin« versucht die Schauspielerin und Filmemacherin, Licht in das schwarze Loch der eigenen Geschichte zu bringen. Was ist Mutter und Tochter dort widerfahren?

Ihre persönliche Geschichte ist Teil einer kollektiven Grausamkeit, die im Film in kurzen historischen Aufnahmen angerissen wird: Nach dem Sturz des Schahs im Jahr 1979 kommt Ayatollah Khomeini an die Macht. Der neue Staatschef und religiöse Führer lässt Zehntausende politische Gegner verhaften, foltern und ermorden. Die oppositionellen Eltern werden getrennt eingesperrt, die damals schwangere Mutter muss im Gefängnis entbinden. Beide überleben und fliehen später nach Deutschland.

Ein brisanter Stoff, dem sich Zaree zu Beginn recht plump annähert. »Wer um Himmels willen ist schon im Gefängnis geboren?«, raunt die Regisseurin da bedeutungsschwanger als alles erklärende Offstimme und ärgert sich über die schlechte Darstellung von Geflüchteten im deutschen Fernsehen. Wird das nun ein selbstdarstellerisches Intermezzo mit aufgepfropftem Debattenbezug? Es sind die ersten holprigen Schritte einer Debütantin, der man dann glücklicherweise dabei zusehen kann, wie sie ihre Sprache findet. Über mehrere Jahre hinweg hat Zaree an dem Film gearbeitet, und je weiter sie in das Unausgesprochene eintaucht, das außerhalb ihrer eigenen Erinnerung liegt, desto persönlicher und weniger aufgesetzt wird ihr Film.

»Born in Evin« ist eine Recherche in Bruchstücken. Die Mutter kann und will nicht über das Geschehene sprechen, der Vater war nicht bei ihr, berichtet aber von eigenen Erfahrungen. Etwa jene unfassbar grausame über die Handtücher der Hingerichteten, die nach dem Tod weitergegeben wurden. Der Vater besitzt zwei davon.

Mosaikartig nimmt das Grauen in Evin in Gesprächen Gestalt an: mit einer Filmemacherin, die an einem Film über die Massaker im Iran arbeitet und Ähnliches erlebt hat, oder mit den Teilnehmerinnen einer feministischen Konferenz von im Exil lebenden Iranerinnen. Letztere berichten von den katastrophalen Zuständen in den überfüllten Zellen und ausgemergelten Schwangeren, die bei der Geburt nicht schreien durften. Zarees eigene Geschichte bekommt Kontur, wird aber nie ganz konkret. Nur mit Mühe findet sie Personen, die zu reden bereit sind.

Man kann Zarees Hang zur Symbolik kritisieren, etwa wenn sie als Fallschirmspringerin auf dem metaphorischen Boden der Tatsachen landet. Auch fallen einige Szenen als eindeutig gescriptete Verstärker des dramaturgischen Bogens unangenehm auf. Dennoch ist »Born in Evin« ein mutiger, intimer Film, der allgemeingültige Ansprüche formuliert: gegen die Verdrängung und für das Fragenstellen.

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