Rich Moore und Phil Johnston über ihren Film »Chaos im Netz«
Rich Moore und Phil Johnston. © Walt Disney
Einer der Höhepunkte des Films ist sicherlich das Aufeinandertreffen der Protagonistin Vanellope mit anderen Disney-Prinzessinnen. Wie sind Sie darauf gekommen?
Moore: Der Schauplatz des Films ist das Internet – und da ist einfach alles möglich. Zuerst dachten wir, dass Ralph bei einem Online-Quiz ein Treffen mit einer Prinzessin gewinnt, aber dann wurde es klar, dass es viel besser passt, wenn Vanellope gleich mehrere Disney-Prinzessinnen auf einmal trifft – sie ist schließlich eine von ihnen, so können sie sich darüber unterhalten, was es bedeutet, eine Prinzessin zu sein. Vanellope ist eine Rebellin, deswegen glaubt sie anfangs, sie würde nicht zu ihnen passen, aber dann lernt sie einiges über sie (und über sich selber), was sie dann inspiriert, ihrem Traum zu folgen. Das war unser Ausgangspunkt, von dem aus wir überlegten, wo wir sie treffen könnten. Das dauerte einige Monate, bis wir die endgültige Idee hatten.
Johnston: Hätte sie sie nicht getroffen, wäre sie wahrscheinlich mit Ralph wieder in ihr altes Zuhause zurückgekehrt. Es war also ein entscheidender Wendepunkt der Geschichte.
Die Szene ist sehr gut ausgearbeitet, zumal wenn man die Prinzessinnen kennt, weil so vieles von ihren jeweiligen Besonderheiten eingearbeitet ist. Das hat vermutlich einige Zeit gebraucht, bis es so perfekt war?
Johnston: Meine Co-Autorin Pam Ribon erarbeitete die erste Fassung – glücklicherweise haben wir im Studio eine ganze Reihe von Mitarbeitern, die ein geradezu ungesundes Wissen über diese Figuren haben. Wenn man sich die Biografien der Prinzessinnen ansieht, bemerkt man, was diese Frauen alles durchmachen mussten: entführt, vergiftet, versklavt… – jede von ihnen hat etwas wirklich Schlimmes erlebt. Setzt man sie alle zusammen in einen Raum, funktioniert das fast wie bei einer Selbsthilfegruppe. Da kann sich Vanellope mit ihren Problemen schnell wiederfinden.
Gab es schon die Idee aus dem Studio, das könne man doch ausbauen – »Princesses Assemble«?
Johnston: Nicht von Seiten des Studios, aber in Interviews und Fragerunden tauchte diese Frage schon öfters auf, offensichtlich gibt es einen Hunger darauf.
Auch weitere Figuren aus anderen Filmen tauchen auf, nicht nur aus Disney-Filmen wie einer der sieben Zwerge, Grumpy (der sich als Denunziant erweist), sondern auch aus den mittlerweile im Besitz von Disney befindlichen Universen von Marvel und »Star Wars«. Hat sich das aus der Idee mit den Prinzessinnen entwickelt oder kam es aus dem Konzept vom Internet, wo alles möglich ist?
Johnston: Das hat sich schon aus der Idee mit den Prinzessinnen entwickelt, weil wir lange nicht wussten wo sollte diese Begegnung stattfinden – auf einer Internet-Website? Auf Disney.com? Schließlich stießen wir auf eine Fansite, die alles von Disney umfasst. So kam es zu diesem Mash-Up.
Durften Sie dabei alle Figuren benutzen, die Sie haben wollten – oder hieß es auch schon mal, diese Figur ist zu wertvoll, die wollen wir uns für einen großen Alleinauftritt in einem anderen Film aufbewahren?
Moore: Alle, um die wir gebeten haben, durften wir benutzen.
Am Ende des Films gibt es einen weiteren Tribut an Marvel mit einer Szene während des Abspanns und einer weiteren danach. Wird das auch bei künftigen Filmen so sein?
Moore: Das können wir nicht sagen. Die Szene mit »Pancake! – Milkshake!« hatten wir an einer früheren Stelle im Film und dann herausgenommen, aber sie war schon im Trailer, so haben wir sie schließlich in den Nachspann eingefügt.
Die ist ja eigentlich ziemlich brutal, auch wenn man den entscheidenden Moment nur hört, nicht sieht. Hat das je für Probleme gesorgt?
Johnston: Nein, meine beiden Söhne, fünf und sieben Jahre alt, haben an keiner anderen Stelle des Films so heftig gelacht.
John C. Reilly, der den Ralph in der Originalfassung des Films spricht, hat im Nachspann eine Nennung für »zusätzliches Story-Material«…
Ja, die hat er sich redlich verdient. Er war zu einem frühen Zeitpunkt involviert und wies wiederholt daraufhin, dass Ralph bestimmte Dinge nicht sagen würde.
Was mir auffällt an neueren Disney-Animationsfilmen, ist ihr selbstreflexiver Charakter – in »Bolt« etwa war der Protagonist ein Hund, der glaubte, er habe Superkräfte , aber in Wirklichkeit nur einen Hund mit Superkräften in einer Fernsehserie verkörperte.
Moore: Es ist nicht so, dass wir uns sagen, wir müssen unsere Filme mehr »meta« machen, es zeigt nur, wie tief sie unserer Kultur verwurzelt sind – wir sind mit ihnen aufgewachsen.
Hat die Tatsache, dass John Lasseter während der Produktion das Studio verlassen hat, zu irgendwelchen Unterbrechungen im Produktionsprozess geführt?
Moore: Nein. Durch die Einführung der Story-Konferenzen haben John und Ed Catmull dafür gesorgt, dass eine regelmäßige Qualitätskontrolle stattfindet. Dadurch gab es genügend qualifizierte Mitarbeiter, die an seine Stelle treten konnten. Das Studio hat eine Tradition, offen über Fehlentwicklungen in der Storyentwicklung debattieren zu können.
Johnston: Zu Johns großen Verdiensten gehört, dass er so viele talentierte Mitarbeiter versammelt hat, dass eine permanente Qualitätskontrolle stattfindet. Das Studio hing nie an einer einzigen Person, selbst zu Lebzeiten von Walt Disney war die Arbeit entsprechend organisiert. Anderenfalls hätte das Studio nach seinem Tod schließen müssen.
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