Kritik zu Intrigo: Tod eines Autors
Eine neue »Millennium«-Trilogie? Daniel Alfredson wird in allen drei Verfilmungen nach Håkan Nesser Regie führen. Benno Fürmann und Ben Kingsley sind aber nur beim ersten Mal dabei, wenn es um einen hinterlassenen Roman und eine vielleicht vergessene Strafttat geht
Ein einsamer Mann, meilenweit entfernt von sichtbarer Zivilisation, wandert über die Dünen einer abgeschiedenen Insel durchs Schilf. Der Himmel ist weit, die Landschaft unendlich, die Farben schmeicheln sanft in zartem Grün, lichtem Himmelblau und mildem Sandbraun. Ein gleißend weißes Haus in der Ferne wirkt fast wie eine Kirche, ist aber der Wohnsitz des bekannten Literaten Henderson (Ben Kinsgley). Zu ihm pilgert David (Benno Fürmann), angeblich weil er väterlichen Rat sucht, von Autor zu Autor. Die Geschichte, die er dann vorliest, ist voller rätselhafter Bezüge zu seinem eigenen Leben, zum Verschwinden seiner Frau vor drei Jahren.
David, der den letzten Roman eines Autors übersetzen soll, der Selbstmord begangen hat, wird zum Detektiv in eigener Sache; er geht den mysteriösen Spuren in einem Roman nach, der im Nachlass eines toten Schriftstellers gefunden wurde, versehen mit genauen Anweisungen zur Veröffentlichung. Drei Jahre nach dem vermeintlichen Tod seiner Frau Eva (Tuva Novotny) wird der Fall wieder akut.
Damals wollte sie ihn für einen anderen verlassen. Weil er das nicht ertragen konnte, hatte er ihr Auto manipuliert und war davon ausgegangen, sie sei in den Alpen verunglückt, doch gefunden wurde ihre Leiche nie. Die Sache lässt ihm keine Ruhe, der Detektiv, den er anstellt, ist irritiert. Was er sich denn jetzt, nach so langer Zeit, davon verspreche? Doch ihn treiben Angst und Unruhe und das schlechte Gewissen.
Fiktion und Realität, erfundene Geschichte und gelebtes Leben gehen fließend ineinander über, wie ein Vexierbild, das sich unablässig verändert, wenn man es bewegt. Kaum glaubt man es zu fassen, schon verschwindet es wieder. Was wusste der verstorbene Autor? Hält seine Witwe Erklärungen zurück oder hat sie tatsächlich keine Ahnung? In welchem Verhältnis steht er zu Henderson? Was ist mit dem alten, humpelnden Mann, der überall auftaucht, wo David recherchiert? Und lebt seine Frau Eva womöglich noch und sinnt auf Rache? Was passiert tatsächlich? Welche Bilder projizieren nur die Schuld in Davids Wahrnehmung? Daniel Alfredson erzählt das alles auf angenehm altmodische Weise, verzettelt sich aber auch im Labyrinth der Rückblenden. Während er mit vielen Fragen jongliert, scheint er selber ein wenig den Überblick und die Kontrolle zu verlieren. Bisweilen wirkt er ähnlich verloren und verstrickt zwischen schlechtem Gewissen und Neugier wie seine Hauptfigur, und mit ihm auch der Zuschauer.
»Intrigo – Tod eines Autors« ist der erste Film einer Trilogie, die auf bereits in den 90er Jahren veröffentlichten Kurzgeschichten des schwedischen Krimiphilosophen Håkan Nesser basiert. Sie alle kreisen um menschliche Intrigen, um Männer, die damit hadern, dass sie von ihren Frauen verlassen wurden. Es geht um Schuld und Rache. Mit Oscarpreisträger Sir Ben Kingsley und Benno Fürmann wartet »Intrigo – Tod eines Autors« mit der prominentesten Besetzung auf, weshalb er nun als Zugpferd der Trilogie zuerst ins Kino kommt. Im nächsten Frühjahr werden dann »Intrigo: Samaria« und »Intrigo: Dear Agnes« folgen. Regisseur Daniel Alfredson hat bei zweien der originalen »Millennium«-Verfilmungen von Stieg Larsson Regie geführt, weshalb findige PR-Strategen gleich eine neue »Millennium«-Trilogie« heraufbeschwören. Dabei werden die drei »Intrigo«-Filme keineswegs durch ein übergreifendes familiäres Beziehungs- und Intrigengeflecht zusammengehalten, mit immer neuer Besetzung muten sie eher wie Skizzen zum Thema an.
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